Aspekte zur Geschichte des Imperialismus und Kapitalismus bzw. “Soziale Marktwirtschaft“ usw.

Aus der “Freiheit“ von “Demokratie“ und “Menschenrechte“ der Monopolbourgeoisie, Großaktionäre und politischen Administration.

[Auszug]

>Nicht nur das Zahlenverhältnis war im Herbst 1983 noch viel absurder: Eine Schlachtflotte, Hubschrauber, Kampfbomber und über 6.000 Soldaten einer Invasionsarmee boten die USA auf, um eine 344 km² große Insel zu «befreien». 115.000 Einwohner leben auf Grenada, nur jeder hundertste von ihnen gehörte zur Volksmiliz. Die sich mit ihrer dürftigen Bewaffnung einem der feigsten Überfälle der Weltgeschichte mit Todesmut entgegen stemmte.

In der Vergangenheit hat Grenada nie eine politische Rolle gespielt. Die Karibenindianer lebten vermutlich jahrhundertelang in Gemeinwesen auf den Inseln, die nur wenige Erschütterungen zu überstehen hatten. Als die Franzosen 1651 Grenada überfielen, kämpften die Indianer bis zum letzten Mann – die 44, die alle Attacken überstanden hatten, stürzten sich von einer Klippe ins Meer, um der Sklaverei zu entgehen. Später geriet die Insel an die Engländer, wurde Kronkolonie. Der Anbau von Muskatnüssen ließ sie in der Welt bekannt werden.

Bevor die Insel 1974 ihre Unabhängigkeit erhielt und Mitglied des Commonwealth wurde, hatten sich die Kolonialmanager rechtzeitig nach einem Mann umgesehen, der ihnen in jeder Hinsicht verlässlich erschien und sich durch revolutionäre Reden auch Popularität verschafft hatte: Eric Gairy. Allerdings hatte sich dieser Gewährsmann der Briten einer starken Opposition zu erwehren, die von der Neuen JEWEL-Bewegung – JEWEL steht als Abkürzung aus dem Englischen für »Gemeinsames Streben nach Wohlfahrt, Erziehung und Befreiung« – geführt wurde.

Gairy operierte gegenüber dieser Opposition nach der Losung: «Grenada ist ein Paradies und Gott hat mich auserwählt, diesen Garten Eden zu regieren.» Das tat er auf oft ungewöhnliche Weise. Als die New JEWEL – eine Partei der Sozialistischen Internationale [!] – bei den Wahlen fast die Hälfte aller Stimmen errang, verlegte er die Sitzungen des Parlaments in seinen Amtssitz und machte dann dort vom Hausrecht gebrauch: Missliebige wurden nicht hereingelassen. Die New-JEWEL-Abgeordneten waren die Missliebigsten. Allerdings war auch Gairy schon längst nicht mehr Herr seiner eigenen Entschlüsse. Die «Firma» hatte ihn angeheuert, und das sprach sich mit solcher Windeseile herum, dass die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» bereits am 21. April 1979 kundtat: «Als Russen und Chinesen sich abgewendet hatten, spielten amerikanische CIA-Agenten ein neues Spiel. Sie bewegten Gairy zur Aufnahme chilenischer Militärhilfe, die vom CIA gesteuert wurde, sie brachten ihn mit Mafia-Bossen der New-Yorker und Chikagoer Familien in Verbindung, die ihre Spielbank-Projekte mit Gairys Teilhaberschaft lancierten.»

Der Hintergrund dieser «Kooperation»: Die amerikanische Mafia trauerte noch immer ihrem verlorenen Spielerparadies Havanna nach, in dem man, unbehelligt von US-amerikanischen Steuerbehörden, immense Gewinne hatte machen können. Grenada präsentierte sich durch Gairys Entgegenkommen als durchaus verheißungsvoller Ersatz. Der Reiz der Landschaft wog die zusätzliche Flugstunde auf. Die 60 Badebuchten der Insel boten genügend Gelegenheit, die strapaziösen Kasinonächte mit erholsamen Tagen an weißen Palmenstränden zu kombinieren.

Auf diese Weise wollte die «Firma» der Mafia eine Gefälligkeit erweisen, für die man sich eines Tages eine «Gegenleistung» ausbitten konnte.

Politische Gegner Gairys wurden gefoltert und ermordet. Seine Popularität sank so schnell wie ein Stein im Wasser. Als er im März 1979 nach New York reiste, um vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen allen Ernstes die Bildung eines Sonderausschusses für «Fliegende Untertassen» zu beantragen, erhob sich die New-JEWEL-Bewegung. Der Aufstand dauerte keine zwei Stunden. Maurice Bishop, ein Jurist, der sein Wissen an britischen Universitäten erworben und in den Londoner Elendsvierteln seine ersten Klienten gefunden hatte, übernahm mit seiner New JEWEL die Macht im Lande. Als die Revolutionäre den Tresor der Staatsbank öffneten, fanden sie – 36 Dollar und Schuldscheine in Milliardenhöhe.

Was die neue Regierung dann binnen kurzem zuwege brachte, löste Erstaunen aus. Selbst der der Sympathie für progressive Volksbewegungen unverdächtige Hamburger «Stern» bekannte: «Die Vorstadtslums von Saint George’s sind abgerissen, die Ärmsten der Armen müssen keine Steuern mehr bezahlen … Ein Kommissar der Europäischen Gemeinschaft, der dem Modell Grenada sehr skeptisch gegenüberstand, war von der Leistung der Revolutionäre so angetan, dass er ihnen einen EG-Kredit in Millionenhöhe verschaffte.» Mit diesem Kredit sollte der veraltete und vor allem für moderne Reiseflugzeuge viel zu kleine Flughafen modernisiert werden.

Bishop hatte auch die USA um Hilfe gebeten. Was daraufhin geschah beschrieb der «Stern» nach Bishops Aussagen so: «Wissen Sie, was USA-Botschafter Ortiz mir anbot? 5.000 Dollar! Mehr sei erst drin, wenn ich garantieren würde, keine diplomatischen Beziehungen zu Kuba aufzunehmen …

Seine Beziehungen aber wollte Bishop sich nicht vorschreiben lassen. Eine Woche nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Kuba kam Ortiz wieder auf die Karibikinsel und forderte ultimativ, diese Kontakte einzufrieren. Er drohte, sonst alle amerikanischen Touristen aus Grenada abzuziehen. Bishop zeigte uns das Memorandum des USA-Botschafters und einen Brief der ‹Van Slycke & Reside›-Reiseagentur aus Washington: ‹Wir bedaueren die Stornierungen. Das State Department hat allen US-Bürgern ausdrücklich davon abgeraten, nach dem gewaltsamenUmsturz nach Granada zu fahren.› »

Staunend konstatierte die «Neue Zürcher Zeitung»: «Keine einzige Enteignung ist bisher vorgenommen worden. Privatunternehmen, Kooperationen und Staatsbetriebe scheinen in friedlicher Dreieinigkeit zu koexistieren.» –

Die Arbeitslosigkeit wurde auf Grenada von 49 Prozent Anfang 1980 auf 14,2 Prozent Ende 1982 gesenkt. In der Bauwirtschaft stiegen die Investitionen von 39 Millionen Dollar im Jahre 1980 auf 98 Millionen im Jahre 1981. Das erste Theater in der Geschichte Grenadas öffnete seine Pforten. Die Zahl der Analphabeten wurde von 25 Prozent auf 2,28 Prozent gesenkt.

Was nicht ausbleiben konnte: Die USA-hörigen Nachbarn sahen in Grenada eine Gefahr für ihre Macht, und die USA-Administration selbst fürchtete ein befreites Volk mehr vor ihrer Haustür, ein Volk, das möglicherweise auch nicht mehr bereit war, nach den Kommandos und Vorschriften des Weißen Hauses zu leben.<

Wirtschaftsboykott und Feldzug der «unsichtbaren» und «sichtbaren Armee» der «Stärke» gegen Grenada

>Als erstes wurde ein USA-Wirtschaftsboykott gegen die Insel verhängt. Traditionelle Märkte wurden verriegelt, danach Banken unter Druck gesetzt, keine weiteren Kredite zu gewähren. Als ein westeuropäisches Konsortium dennoch 6,2 Millionen Karibik-Dollar bewilligte, mit denen das hoffnungslos veraltete Energiesystem der Insel modernisiert werden sollte, mobilisierte die CIA ihre Killer: Bishop und seine Gefährden sollten umgebracht werden! –

Die Bonner «Welt» beschrieb diesen Versuch folgendermaßen «Tausend Menschen hatten unter der heißen Nachmittagssonne im Queens Park auf die Ankunft des Premiers, anderer Mitglieder der Revolutionären Volksregierung und des kubanischen Botschafters gewartet. Plötzlich ereignete sich eine gewaltige Explosion. In Panik rannten die Menschen davon, zurück blieben 3 Tote und zwanzig Verletzte. Maurice Bishop entging knapp einem Attentatsversuch. Eine Sprengstoffladung, die unter einem Podium deponiert war, auf das sich die Prominenz begeben sollte, ging wenige Minuten zu früh in die Luft.»

Im April 1983 machte der Gesundheitsminister der Regierung, Christopher de Riggs, die in der Hauptstadt der DDR tagende Wissenschaftliche Konferenz «Karl Marx und seine Zeit – der Kampf um Frieden und sozialen Fortschritt» mit einer Rede Bishops vertraut. –

Er erklärte: «Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten, der gleichzeitig Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, öffentlich und unverblümt erklärt, dass das winzige Grenada die nationale Sicherheit der mächtigen und starken USA bedroht, und wenn seine engsten Berater und Militärs andeuten, dass es Zeit wäre, ‹den Worten nun Taten folgen zu lassen›, dann ist es klar, dass Goliath seine Aufmerksamkeit auf David gelenkt hat. –

Wenn der Oberbefehlshaber einer der bestausgerüsteten, entwickeltsten und größten Streitmächte der Welt ausgerechnet ein kleines, stolzes und entschlossenes Volk als eine Bedrohung seiner nationalen Sicherheit einschätzt, so muss das Anlass zu ernster Besorgnis geben.»

Und de Riggs wies darauf hin, dass die Gefahr eines Überfalls auf Grenada dicht bevorstehe.

Sein Premierminister Bishop hatte zuvor schon öffentlich die folgenden Tatsachen genannt:

«1. Konterrevolutionäre Elemente, die Schlüsselfiguren darstellten, sind in letzter Zeit häufig zusammengekommen.

2. Einige dieser korrupten, opportunistischen und reaktionären, nach Macht strebenden Elemente haben damit begonnen, ihre Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Führung zu lösen und verfolgen dabei das Ziel, eine geschlossenere, konterrevolutionäre Front zu bilden.

3. Ihre Koordinierung mit der CIA wurde verstärkt.

4. Sie haben von der CIA direkte Unterstützung in Form von Geld, Waffen und Ausbildung erhalten. Es wurden ihnen weiterhin Transportmöglichkeiten, Unterstützung auf dem Gebiet der Logistik sowie Nachschub angeboten, und es wurde ihnen zugesichert, dass unmittelbar nach dem Angriff die von ihnen ausgerufene konterrevolutionäre Regierung anerkannt werde.

5. Wir konnten den Namen und sämtliche Angaben zur Person des für die Koordinierung dieser Verschwörung unmittelbar zuständigen CIA-Beamten ermitteln.

6. Von einem weiteren an dieser Verschwörung beteiligten CIA-Beamten wissen wir, dass er an der Planung und Ausführung der Operation zur Ermordung unserer Führer bei der Bombenexplosion am 19. Juni 1980 teilgenommen hat.

7. Diese konterrevolutionären Elemente unterhalten direkte Verbindungen zur terroristischen Gruppe der Exilkubaner sowie zu konterrevolutionären Somoza-Banditen, die gegenwärtig an der Invasion in Nikaragua beteiligt sind.

8. Wir wissen, dass die CIA diesen Grenada feindlich gesonnenen Konterrevolutionären behilflich war, kriminelle Elemente anzuwerben, die in den gleichen Lagern in Miami ausgebildet werden sollten, in denen die Somoza-Elemente ausgebildet werden.

9. Im Rahmen der geplanten Vorhaben beteiligte sich die CIA maßgeblich an der Zusammenstellung dieser kriminellen konterrevolutionären Elemente für die Angriffe auf Nikaragua und Grenada, die laut vorherigem Beschluss so geführt werden sollten, dass sie mit den in unserer Region zu diesem Zeitpunkt stattfindenden großangelegten Militärmanövern zusammenfallen und einen Höhepunkt der umfangreichen Propagandaoffensive von Reagan und seinen obersten Militärs gegen die revolutionären Prozesse in der Region bilden.

10. Der Hauptstützpunkt, von dem aus diese Elemente ihre Operationen führen, ist eines unserer Nachbarterritorien – nur wenige Kilometer entfernt.

11. Im Ergebnis dieser gesamten Tätigkeit waren wir nicht nur in der Lage, die ursprünglichen Pläne zum Sturz unserer Regierung und zur Zerschlagung unserer Revolution aufzudecken, sondern auch die für den Einsatz vorgesehene Truppenstärke, die in ihrem Besitz befindliche entsprechende Anzahl und Art der Waffen sowie die von ihnen erwartete logistische Unterstützung zu erkunden. Genossen, wir kennen die Ziele, die sie zerstören wollen, viele von denen, die sie verhaften wollen, deren Ermordung sie planen und wissen, wie sie Angst und Schrecken unter den breiten Massen hervorrufen wollen.

12. Wir müssen noch einmal betonen, dass uns bekannt ist, dass der geplante Zeitraum für diesen Angriff in der nahen Zukunft liegt.»

Die Handschrift verrät den Juristen, der seine Anklageschrift minutiös zusammengetragen hat. Und auf einer Konferenz, die den Lehren des großen Marx gewidmet war, breitete sie der Vertreter Grenadas vor der Weltöffentlichkeit aus. Dass der mörderische Schlag dann tatsächlich ein wenig anders verlief, als in den zwölf Punkten vorausgesagt, dürfte vorrangig taktischen Gründen zuzuschreiben sein.

Bekanntlich wurde Maurice Bishop ermordet, und es ist derzeit [Juli 1984] noch nicht bekannt, wie es im einzelnen zu dieser Tat gekommen ist. –

Ein Mann, der die Aggression gegen Grenada bejubelte, Carl Stone, Professor an der Westindischen Universität in Jamaika, stellte wenige Tage nach dem Überfall auf Grenada klipp und klar fest: «Die grenadische Revolution wurde Ronald Reagan sozusagen auf einer Schüssel gereicht, appetitlich gewürzt und fertig zum Verzehr. Unter den Angehörigen des Coard-Flügels» – Coard war der Mann, der unter bisher nicht restlos geklärten Umständen Bishops «Absetzung» zuwege brachte – «und dessen extremen Gruppierungen waren auch von der CIA angeheuerte Leute. Sie erledigten ihre Aufgabe ganz hervorragend, nämlich Grenada reif zu machen für den Eingriff …»

Damit schufen sie die Voraussetzungen, die Reagan benötigte, um – man ist geneigt zu formulieren «ausnahmsweise» – statt der «unsichtbaren Armee» die uniformierte Aggressionsarmee einzusetzen, deren Flugzeuge offen den amerikanischen Stern an Tragflächen und Leitwerk trugen.

Reagan aber glaubte allen Ernstes, mit einer «gelungenen Aktion» gegen Grenada die «Stärke» der USA aller Welt demonstrieren zu können. Das bestätigte auch Arthur Schlesinger, ein hervorragender Kenner der US-amerikanischen Politik, Berater John F. Kennedys und heutiger [1984] Professor an einer New-Yorker Universität. Er schrieb im einflussreichen «Wallstreet Journal»: «Etwas an der Sache ist ganz seltsam. Seit dem Machtantritt Maurice Bishops vor vier Jahren stand Grenada tatsächlich unter marxistischer Herrschaft. Bis zu dem Augenblick, da er gestürzt wurde, erklärten ihn die offiziellen Vertreter Washingtons immer wieder zu einer sowjetischen und kubanischen Marionette … Die Reagan-Regierung, die Bishop zu Lebzeiten verachtete, stellte seine Ermordung plötzlich als Tragödie hin. Hinter dieser ganzen Skala von Vorwänden verbirgt sich nichts anderes, als die simple Tatsache, dass der USA-Präsident die Macht seines Landes beweisen wollte.»

Schlesinger zitierte auch Reagans «Begründung» für dessen Nacht-und-Nebel-Aktion: «Ich glaube an das Recht eines Landes, Geheimdienstaktivitäten durchzuführen, wenn dadurch den eigenen Interessen am ehesten gedient wird. Und man kann das nicht seine Leute (d. h. den amerikanischen Kongress und das Volk) wissen lassen, ohne dass es auch die verkehrten Leute erfahren.»

Notwendig zu sagen ist aber auch: Reagan entschloss sich zu diesem von nahezu aller Welt verurteilten Überfall, weil er nicht sicher sein konnte, dass die CIA die Operation mit einem Erfolg beenden würde. Bishop hatte ausführlich enthüllt, wie umfangreich die «Firma» ihre Vorbereitungen getroffen hatte. Und so fürchtete Reagan eine grenadische «Schweinebucht», deshalb ließ er die «sichtbare Armee» den Feldzug der «unsichtbaren» vollenden. Doch auch für diesen Feldzug wollte er keine Zeugen haben. –

«Einen Krieg ohne Zeugen wollte das Weiße Haus. Und es bekam ihn», so urteilte der «Stern». «Die Öffentlichkeit war vom Kampfgeschehen ausgeschlossen. Die Armee entsandte ihre eigenen Reporter und Kameraleute, um amerikanisches Heldentum bei der Besetzung der Muskatinsel schaurig-schön darzustellen. Die Presse störte dabei nur. Weder im zweiten Weltkrieg noch in Korea oder Vietnam hatte Washington das gewagt. Aber Präsident Reagan ist anders als seine Vorgänger. Er räumt auf. Auch mit der Wahrheit.»

Dabei ist ihm, wie seinen Vorgängern, die «Firma» in jeder Hinsicht behilflich.< [Vgl.]

Quelle: Der Krieg einer unsichtbaren Armee. Autoren: Eberhard Heinrich, Klaus Ullrich. Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik (VEB) – Berlin 1985. Vgl.: «Am besten durch Geheimaktionen…»

17.02.2012, Reinhold Schramm (Bereitstellung)

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