Zur Strategie des Antikommunismus
Der Imperialismus schenkt dem ideologischen Kampf besondere Beachtung. „Da der militärische Hebel der antikommunistischen Politik in seinen Maßstäben begrenzt ist und bei der Öffentlichkeit eine ungünstige Reaktion auslöst, der ökonomische Hebel aber langsam und wenig wirksam ist, müssen wir uns der dritten, der ideologischen Waffe der Strategie zuwenden“, verkündete offen der damalige USA-Botschafter in Japan, E. Richauer, der spätere u. ehemalige Professor an der Harvard-Universität. (1)
Die größten Möglichkeiten für eine „friedliche Einmischung“ sehen die Antikommunisten im Bereich der Ideologie. In den weltweiten imperialistischen Stäben sind die Konzeptionen jener Theoretiker in Mode, die den „psychologischen Krieg“ gegen den Kommunismus in den Vordergrund rücken und buntschillernde Perspektiven, vor allem durch Aktivierung der „friedlichen“ Mittel der ideologischen Diversion, umreißen.
Bereits D. Fessel, der damalige Vorsitzende der Unterkommission des Repräsentantenhauses für Internationale Organisationen und Bewegungen, unterstrich in seiner Rede vor dem amerikanischen Kongress: „Ich teile voll und ganz den Standpunkt, wonach wir den militärischen und ökonomischen Aspekten der internationalen Politik zu viel Aufmerksamkeit schenken. Ich bin ferner überzeugt, dass der Ausgang des Kampfes …[gegen die soziale und gesellschaftspolitische Emanzipationsbewegung] davon abhängen wird, wie erfolgreich wir in nichtmilitärischen, nichtökonomischen Bereichen, und zwar auf dem Gebiete der Ideologie, operieren werden.“ (2)
Die Bourgeoisie sieht den „Ausgang des Kampfes“ (stets übergeordnet: ihren Kampf zur Verhinderung ihrer ökonomischen, ideologischen und gesellschaftspolitischen Enteignung, Umwälzung und Aufhebung ihrer Herrschafts- und Gesellschaftsformation) unter zwei möglichen Aspekten: den militärischen Ausgang, bei dem der Kapitalismus den bewaffneten Konflikt wagt, und der relativ friedliche Ausgang, bei dem nicht A-B-C-Bomben und Raketen eingesetzt werden, sondern materielle Werte und Ideen, die den „Sieg ohne Krieg“ (im realen Klassenkampf) sichern sollen. Die offenen und verdeckten Anhänger beider Konzeptionen heizen gleichermaßen die Hysterie des Antikommunismus an, ihre Aktionen sind in ihrer äußeren Form unterschiedlich.
Der ultrareaktionäre Teil der imperialistischen Bourgeoisie tritt für den konterrevolutionären Krieg gegen die Emanzipations- und Befreiungsbewegung ein, wobei er die Möglichkeit der „Ausrottung der kommunistischen Seuche“ auch mit Mitteln der Massenvernichtung von Menschen nicht ausschließt. „Wir dürfen nicht vergessen“, erklärte der damalige in der Bundesrepublik Deutschland tätige Antikommunist J. Mackiewicz, „dass der Tod der halben Menschheit im Atomkrieg noch keine Katastrophe ist. Eine Katastrophe wäre das Leben der gesamten Menschheit im Kommunismus.“ (3) Begreiflicherweise wird in der politischen Strategie der „Ultras“, der Rüstungs-, Rohstoff- und Monopolbourgeoisie, „radikaleren“ Mitteln als den ideologischen die entscheidende Rolle zugewiesen.
Gemäßigte Gruppen der Bourgeoisie (des imperialistischen „Liberalismus“, der so genannten „Marktwirtschaft“ bzw. „Sozialen Marktwirtschaft“; stets auch in vielfältigsten ideologisch-emanzipationsfeindlichen und antikommunistischen Varianten, so unter anderem auch als: „Sozialismus“ “nationaler” „Prägung“ etc.) halten den thermonuklearen Konflikt – bei der Aufteilung und Beherrschung der Welt – für unvernünftig und neigen zur Politik der friedlichen Transformation und Konvergenz. So auch historisch – vorerst noch – erfolgreich: mit der friedlichen oder „konkurrierenden“ Koexistenz, durch Zersetzung des historischen „Realsozialismus“ von innen her „den Garaus zu machen“. Diese Politik der Bourgeoisie gibt dem nichtmilitärischen Weg und den nichtmilitärischen Kampfmitteln den Vorzug. Zum Charakteristikum dieser Strategie gehört die „allmähliche, sorgfältige und friedliche Arbeit“ zur „Vertiefung der Risse“(4), wobei die ideologischen Instrumente als die für diese „Arbeit“ am meisten geeigneten oder gar entscheidenden gelten.
Zu einem Hauptobjekt der ideologischen Diversion wählen die historischen und aktuellen (staatlichen und subjektiv ‘privaten’) Antikommunisten die junge Generation.
Was sind die Ursachen dieser „Aufmerksamkeit“ ideologischer Diversanten der Bourgeoisie für die Jugend? Sie begreifen, welche bedeutende Rolle der Jugend in der Welt von heute zukommt: Stellt doch gerade die Jugend die Mehrheit in den Streitkräften aller Länder und einen erheblichen Anteil aller Arbeitskräfte in der Industrie und Landwirtschaft. Der bekannte G. Paloczi-Horvath schrieb bereits in seinem Buch „Jugend – Schicksal der Welt“: „Bereits im Jahre 1960 waren 46,6 Prozent der Bevölkerung unseres Planeten noch keine 20 Jahre alt… Junge Menschen sind als Produzenten wie auch als Konsumenten zu einem mächtigen ökonomischen Faktor geworden.“(5)
Die „Spezialisten für friedliche Einmischung“ lassen auch die demographische Perspektive nicht außer acht. So gab G. Paloczi-Horvath seinen antikommunistischen ideologischen Kollegen den dringenden Rat, nicht zu übersehen, dass „der Zustrom der Jugend den Ozean der erwachsenen Menschheit weitaus schneller verändert, als alle Flüsse der Erde den Weltozean verändern“. (6)
Für die antikommunistische Beeinflussung der Jugend wurden in den 60er Jahren Zentren wie das Politische Komitee für Jugendprobleme der NATO, die Europäische Vereinigung der Jugendorganisationen unter anderem geschaffen. In einer ganzen Reihe kapitalistischer Staaten wurden besonders Institute zum Studium der Jugend- und Studentenbewegung und zur Bestimmung der Wege für die differenziert emanzipationsfeindliche und antikommunistische Wühltätigkeit unter der Jugend geschaffen. Für diese Zwecke wurden und werden gewaltige Mittel aus den us-amerikanischen Stiftungen sowie den Stiftungen europäischer und deutscher Monopole verausgabt.
Nach Ansicht der bürgerlichen – liberalen und sozialdemokratischen – Propagandisten ist die Jugend ein günstigeres Objekt für die äußere ideologische Beeinflussung als alle anderen Bevölkerungsschichten. Erstens sei die Weltanschauung der jungen Menschen noch in der Entwicklung begriffen; daher seien sie für die differenzierte politische Agitation am aufgeschlossensten und zweitens würden gerade sie in der Zukunft jene praktischen Schritte, welche die modifizierte Propaganda von heute vorbereitet, zu verwirklichen haben.
Der Kampf um die Jugend, um ihre politische, geistig-ideologische und moralische Beeinflussung ist einer der wichtigsten und kompliziertesten Abschnitte des Klassenkampfes zwischen der sozial-ökonomisch-ökologischen und gesellschaftspolitischen Emanzipationsbewegung und dem Imperialismus. Der Kapitalismus ist außerstande, eine Antwort auf die junge Menschen bewegenden Fragen des gesellschaftlichen Lebens zu geben, das „Jugendproblem“ zu lösen. Gerade dieses Problem zeugt, wie noch andere akute soziale Probleme der imperialistischen Gesellschaftsformation, von einer tiefen Krise des gesamten Systems der bürgerlichen Beziehungen. Die Ideologen der Monopolbourgeoisie können der Jugend keine Alternative vermitteln, die eine feste Grundlage für die Einheit und Zukunft der Generationen sein könnten.
[Ein aktualisierter Auszug.]
1) Zit. Nach: W. Korionow, „Die Taktik der Verurteilten“, Prawda v. 30.11.1968.
2) Zitiert nach: A. Meyerhoff, The Strategy of Persuasion, The Use of Advertising Skills in Fighting the Cold War. New York 1965, S. 18.
3) J. Mackiewicz, Sieg der Provokation, München 1964, S. 268.
4) J. F. Kennedy, a. a. O., S. 72.
5) G. Palozczi-Horvath, Jugend – Schicksal der Welt. Ein Dokumentarbericht aus 4 Erdteilen, Zürich 1965, S. 16.
6) a. a. O., S. 40.
Quelle vgl.: Strategie der „friedlichen Einmischung“. Von J. S. Nowopaschin. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. (Hier: III. Kapitel: „Die außenpolitische Praxis des Imperialismus zur Verwirklichung der neuen antikommunistischen Strategie“.)
(Keine) Empfehlung:
Zur pseudoemanzipatorischen und kleinbürgerlichen Propaganda, des aktuellen und staatlich ‘unbeauftragten’ ideologischen Antikommunismus. Ein subjektives Selbstzeugnis, der stets noch ‘geleugneten’ Anbiederung an den bürgerlichen Staat, an die imperialistische Bundesrepublik Deutschland: „Die Linke, der Realsozialismus und die Utopie“, in: „trend onlinezeitung“, 02/11.
„Welche Lehren könnte die Linke aus dem Scheitern des Realsozialismus ziehen? Was bedeutet das für die heutige Alternativdiskussion soweit sie ein nicht kapitalistisches System betrifft?“ „Große Fragen, die ich nur ansatzweise beantworten kann. Sie werfen wieder neue Fragen auf. Ich bin nicht Marx, sondern eine prekäre Unzufriedene, die auf der Suche ist, was ein fortlaufender Prozess ist. Wissenschaftlichkeit ist ‘nicht mein Ding’“ „Die Bankrotterklärung von Wissenschaftlichkeit und Erziehungsdiktatur“- usw. usf.:
http://www.trend.infopartisan.net/trd0211/t460211.html
(Anm.: Hier u.a. den gesamten Text lesen.)
17.02.2011, Reinhold Schramm