XIX. Internationales kommunistisches Seminar:
Die Krisenfolgen und die Intervention der Kommunistischen Parteien
Brüssel, 14.-16. Mai 2010
http://www.icsbrussels.org/
Die Kommunistischen Parteien angesichts der Vertiefung der Krise des kapitalistischen Systems
I. Vertiefung der Krise des Systems
1. Die Erklärung des IKS von 2009 machte die Feststellung: «Das kapitalistische System begegnet der schwersten Krise seit der Depresssion von 1929. Es handelt sich nicht um eine vorübergehende und konjunkturelle Rezession, sondern im eine verallgemeinerte Krise des kapitalistischen Systems, deren Quelle in der Sphäre der Produktion liegt. Diese Krise wird lange und tief sein, und wir befinden uns erst an ihrem Anfang.» Diese Vorhersage ist durch die Tatsachen bestätigt worden. Eine allgemeine Krise schlägt weiterhin den ganzen Planeten, sowohl die wichtigsten imperialistischen Zentren (USA, EU, Japan) wie auch die meisten anderen Länder, vor allem die abhängigen Länder. So zeigt die kapitalistische Globalisierung ihre Achilles-Ferse: sie globalisiert auch die kapitalistischen Krisen, und zwar viel schneller und globaler als im Verlauf der 1930er Jahre.
2. Es liegt in der Natur des kapitalistischen Systems, die Profitraten wiederherzustellen, indem es die Löhne angreift und die Arbeitslosigkeit erhöht. Wir befinden uns in einer Periode von Restrukturierungen, Abwanderungen, Schliessungen und Entlassungen. Durch diese Restrukturierungen stellen die Industrie- und Bankenmonopole ihre Profitrate wieder her. Im Krisenzeiten noch mehr als gewöhnlich stärken sich die Grössten auf Kosten der Kleinen. Millionen von Arbeitern und Arbeiterinnen und Werktätigen in Stadt und Land werden auf den Boden geworfen, und die Löhne werden hinab gedrückt. Seit 2008 wurden weltweit 50 Millionen Lohnabhängige entlassen, und die Zahl der ‘working poor’ steigt rasch an. In den OECD-Ländern betrifft die Zunahme der Arbeitslosigkeit besonders die Jungen, die in prekären Stellen beschäftigt werden. In der Euro-Zone sind 20% der Jugendlichen unter 25 Jahren auf Stellensuche, mit einer Rekordziffer von 40% in Spanien. So entdeckt eine ganze Generation die Kehrseite der superflexiblen Beschäftigung. Die Krise des Kapitals akzentuiert ganz besonders die Ausbeutung der Frauen. Viele alleinstehende Frauen mit oder ohne Kinder leben wegen der prekären Arbeit unterhalb der Armutsschwelle, arbeiten Teilzeit oder temporär. Die Arbeiterinnen sind stark vertreten in den schlecht entlöhnten Berufszweigen, die auf Frauenarbeit setzen und mit befristeten Verträgen operieren.
3. Auf der ganzen Welt hat die Krise die Kluft zwischen Arm und Reich noch vertieft. Die Länder des Südens sind die ersten Opfer einer Krise, die von den imperialistischen Zentren hervorgebracht und gemanagt wird. Die meisten dieser Länder sind von der Produktion von Rohstoffen und Agrarprodukten für den Export abhängig und nur einige verfügen über exportfähige Manufakturen oder Halbmanufakturen. Die Diktate des IWF, der WTO, der USA und der EU haben das lokale industrielle Gewebe und die Landwirtschaft zerstört und der Herrschaft der transnationalen Konzerne unterworfen. Damit wurden die Länder des Südens mehr und mehr von der wirtschaftlichen Konjunktur der entwickelten Staaten abhängig. Sie befinden sich heute in einer schrecklichen Lage, da die Aufträge drastisch abgenommen haben, und die Exportpreise tauchen, während die Importpreise steigen und die Bedingungen für internationale Kredite sich verhärten. Diese Verwundbarkeit drängt sie einmal mehr in den Kreislauf von Anleihen, Verschuldung und neuen Diktaten der imperialistischen Kreise. Die Arbeiter und die Klein- und Mittelbauern tragen die Folgen des raschen Anstiegs der Arbeitslosigkeit, der Prekarität und der Ausgrenzung.
Die Milleniumsziele zur Halbierung der extremen Armut bis 2015 haben sich in ihr Gegenteil verkehrt: 2009 waren nach Angaben der Vereinten Nationen 90 Millionen Menschen mehr in Not als vor der Krise, und mehr als eine Milliarde hungern (gegenüber 840 Millionen im Jahre 1990). So müssen in Indien, einem «Schwellenland», 77% der Bevölkerung – oder 836 Millionen Personen – heute mit weniger als 20 Rupien (0,5 Euro) im Tag auskommen. Im gleichen Indien hat sich die Zahl der Dollar-Milliardäre im Jahre 2009 verdoppelt. Es sind 52 Personen, die zusammen über ein Vermögen von 276 Milliarden oder 1/4 des BIP verfügen.
4. Die zerstörerischsten Wirkungen sind in den meisten Ländern Afrikas zu registrieren. Infolge der Schwäche der fortschrittlichen Widerstandskräfte der Völker haben die imperialistischen Mächte nicht die geringste Hemmung, ihre drakonischen Massnahmen durchzusetzen. Die von den Imperialisten in den 60er Jahren gemachten Zugeständnisse an die Kompradoren-Bourgeoisie wurden schichtweise abgetragen, und die neue Bevormundung auf die Tagesordnung gesetzt. Die Staatssubventionen an die Waren des Grundbedarfs wurden abgeschafft; es gibt eine schrankenlose Preissteigerung, Privatisierungen was das Zeug hält, den Rückzug des Staates aus Gesundheit und Bildung. Die angeblich ethnischen Konflikte sind in Wirklichkeit Raubkriege, hinter denen sich die Multis der imperialistischen Welt verbergen, die die immensen natürlichen Reichtümer und namentlich die Energiereserven vergeuden wollen.
5. Ein wichtiger Unterschied zum Finanzkrach von 1929 besteht in der sofortigen und massiven Intervention der Staaten. Fast 3’000 Mililarden Dollars wurden von den Staaten der imperialistischen Welt ausgegeben, um den Zusammenbruch des Finanzsystems aufzuhalten, und im gleichen Umfang wurden den Banken Staatsgarantien gewährt. Gleichermassen horrende Summen wurden den Industriemonopolen in Form von ‘Ankurbelungsprogrammen’ zugesprochen. Damit wurde ein Abgleiten in eine Deflationsperiode vorläufig vermieden. Aber demgegenüber hat sich das Auge des Wirbelsturms auf die kapitalistischen Staaten verlagert. Viele Staaten weisen Budgetdefizite von 5% oder gar 10% des BIP aus, und die Verschuldung der meisten kapitalistischen Staaten ist sprunghaft angestiegen.
6. Die griechische Krise stellt ein globales Risiko für die kapitalistische Welt dar, weil sie einen neuen finanziellen Crash auslösen kann. Sie droht auf andere europäische Staaten überzugreifen: zunächst auf Spanien und Portugal, dann auf Irland, Italien, Grossbritannien und Belgien, und dann sogar auf Frankreich. Wenn die Ansteckung weiter geht, kann sie das Überleben der europäischen Währung in Frage stellen.
Die Krise hat den Graben zwischen den starken und mächtigen Staaten der EU und den schwächeren Staaten in Süd- und Osteuropa verbreitert. Der nationalistische Reflex verschärft die Widersprüche zusätzlich. Der deutsche Staat befand sich vor dem Dilemma: jede Hilfe an die Staaten mit Problemen zu verweigern, hätte den Euro in Gefahr gebracht, was die deutsche Vorherrschaft innerhalb der EU beeinträchtigen würde. Deutschland hat schliesslich die Aufgleisung eines Stabilisationsfonds von 750 Milliarden Euro der EU und des IWF akzeptiert, um den schwächelnden Euro-Staaten zu helfen. Dies zeigt, dass es immer das Interesse der europäischen Monopole ist, welches sich durchsetzt. Sie sind für ihren Kampf gegen die nordamerikanische, japanische und chinesische Konkurrenz auf die EU und den Euro angewiesen. Sie brauchen den Euro als Zwangsjacke, um den Ländern der Euro-Zone eine restriktive Disziplin aufzuzwingen.
Aber die Widersprüche sind deswegen nicht verschwunden. Die deutsche Regierung lehnt es ab, ihre äusserst aggressive Lohnsenkungspolitik zu überprüfen, die den deutschen Monopolen zugute kommt und ihnen erlaubt, ihre Position als grösster oder zweitgrösster Exporteur zu halten. Die Regierung Merkel setzt damit die Politik ihres sozialdemokratischen Vorgängers Schröder fort, was in der gesamten europäischen Konstruktion zu Spannungen führt. Um ein Auseinanderbrechen der EU zu verhindern, zwingt die deutsche Regierung ihre harten antisozialen Bedingungen der gesamten EU auf, fordert die Wiederinkraftsetzung des Stabilitätspakts und der Maastrichter Bestimmungen, sowie Sanktionen im Falle ihrer Nichteinhaltung. Kaum zwei Monate nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wird klar, wozu die Ausweitung der Macht der europäischen Instanzen dienen soll. Der Vertrag wurde von der europäischen Sozialdemokratie als Sieg der Demokratie gefeiert. Heute stellt sich heraus, dass er dazu dient, den Mitgliedstaaten mehr Disziplin aufzuerlegen und die Diktate der Austeritätspolitik gegen die Arbeitenden durchzusetzen. Dies ist die betonte Neuausrichtung der europäischen Politik im Interesse des grossen Finanzkapitals, im Namen der Rettung des Euro.
7. Griechenland ist heute das arbeiterfeindliche Laboratorium der Europäischen Union. Die von der sozialdemokratischen PASOK-Regierung gegen die Arbeiter in Griechenland ergriffenen extrem harten Massnahmen bedeuten im Durchschnitt Einkommenseinbussen von 30% für die Betroffenen. Es handelt sich um drastische Einschnitte für die Beamten, um die Senkung der Altersrenten, Erhöhung von Steuern und indirekten Abgaben, um Flexibilisierungen und neue Geschenke für die Patrons, volksfeindliche Reformen in der Finanzierung der Gesundheitsdienste und der Bildung, sowie die beschleunigte Privatisierung des öffentlichen Sektors. Die sozialdemokratische Partei (PASOK) dient den Interessen des Monopolkapitals in ihrer Eigenschaft als Partei, die am ehesten in der Lage ist, den drakonischen sozialen Rückschritt umzusetzen. Der gleiche Fächer von unsozialen Massnahmen ist in allen Staaten auf der Tagesordnung. Sie bezwecken die Verschärfung der Ausbeutung und die Unterstützung des monopolistischen Kapitals auf Kosten der Arbeitenden. Während das Volk leidet, spekulieren die Spekulationsfonds und Finanzinstitute, welche ihr Überleben der grosszügigen Intervention der Staaten verdanken, ohne Skrupel gegen dieselben Staaten. Dies beweist auch, dass diese Finanz-Geier immer noch völlige Handlungsfreiheit besitzen, trotz aller von ihnen ausgelösten Katastrophen. Das ist ein schöner Beleg der vollständigen Verfaulung des kapitalistischen Systems.
8. Die weltweite Überproduktionskrise ist weit von einer Lösung entfernt. Am Ursprung der Krise steht der Widerspruch zwischen der Fähigkeit zu wachsender Produktion einerseits, und anderseits der relativ tiefen Kaufkraft der Massen. Dieser Widerspruch reproduziert sich unweigerlich unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, wo eine winzige Minderheit der Bevölkerung im Besitz der Produktionsmittel ist und sich durch die Ausbeutung der grossen Mehrheit bereichert. Die Quelle der Krise liegt in der Natur des Systems. Die tiefere Ursache findet sich im Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privaten Aneignung des Produkts, als Resultat des Privateigentums an den Produktionsmitteln.
Für das Kapital besteht der Ausweg aus der Krise in der massiven Zerstörung von Produktionsmitteln und in einer verstärkten Ausbeutung der Arbeitskraft. Das ist das, was die Werktätigen und die Völker derzeit durchmachen. In einer tiefen und globalen Krise wie der heutigen kann diese Phase längere Zeit andauern, weil die ‘Lösungen’ des Kapitals interne Widersprüche erzeugen. Der schwindelerregende Anstieg der Arbeitslosigkeit, der Lohnabbau und die Zerstörung des sozialen Schutzes unterminieren jede Aussicht auf eine Stärkung der Kaufkraft der Arbeitermassen. Die unsoziale Offensive wird mit aller Wahrscheinlichkeit die Überproduktionskrise noch weiter vertiefen und kann in den kommenden Jahren immer noch zu einer Deflationsperiode führen. Der Übergang zu ‘keynesianischen’
Rezepten der öffentlichen Investitionen würde nur eine geringe Wirkung erzielen; aber dieser Manöverspielraum hat sich gegenüber den 30er Jahren sogar verkleinert, da infolge der Rettung der Finanzwelt eine allgemeine Krise der öffentlichen Finanzen entstanden ist. Schliesslich war es auch nicht der ‘New Deal’, der die Krise der 30er Jahre überwunden hat, sondern es waren die Rüstungsproduktion und der Zweite Weltkrieg.
9. Es gibt eine wichtige Lehre aus dieser Krise zu ziehen. Die massive Interventions der Staaten hat den sozialdemokratischen Mythos zerbrochen, wonach die kapitalistische Globalisierung die kapitalistischen Staaten machtlos gemacht habe. Die Aufeinanderfolge von liberalen und interventionistischen Politiken entspricht den objektiven Bedürfnissen der kapitalistischen Monopole in der jeweiligen Periode. Je nach Bedarf werden die sozialdemokratischen Parteien zu Propheten des Marktes, wie wir dies in den vergangenen Jahrzehnten feststellen konnten, oder die liberalen Parteien können zu tollwütigen Interventionisten werden, wie dies seit 2008 zu beobachten ist. Ihre gemeinsame Treue zum kapitalistischen System diktiert die Orientierungen je nach den Bedürfnissen des Kapitals. Ob mit sozialdemokratischen oder liberalen Parteien (oder beiden) an der Regierung, das Ziel des Kapitals bleibt immer dasselbe: den Fall der Profitrate aufzuhalten und die extensive Verwertung des Kapitals sicherzustellen. Marx und Lenin haben mehr denn je Recht: die wahren Inhaber der Macht in den Staaten der bürgerlichen ‘Demokratie’ sind die grossen Monopole.
10. Die Wirtschaftskrise ruft tiefe politische Krisen innerhalb der herrschenden Klasse hervor. Angesichts des wachsenden Widerstands der Arbeitermassen in Griechenland, Portugal und Frankreich, weitet die EU ihr Unterdrückungs- und Überwachungsdispositiv aus. Um diese Diktatur der Monopole durchzusetzen, werden in den bürgerlich-demokratischen Regimes laufend antidemokratische Massnahmen eingeführt. Es bestätigt sich, dass der ‘Krieg gegen den Terrorismus’ vorwiegend dazu diente, sich gegen den inneren Feind zu wappnen. Die Errungenschaften von 1945 werden methodisch unterhöhlt und abgebaut, der Rassismus und Nationalismus progagiert. So konzentriert sich der kapitalistische Staat zunehmend auf seine wesentliche Rolle als letztes Bollwerk gegen den Aufstand des Volkes. Die Angriffe auf das Streikrecht, die Ausnahmegesetze, die Attacken auf die elementarsten demokratischen Rechte werden zur Regel. Die antikommunistischen Kampagnen, welche gegen mehrere kommunistische Parteien in Mittel- und Osteuropa geführt werden, und die Versuche zur Umschreibung der Geschichte mit Hilfe eines Berges von Lügen über den Zweiten Weltkrieg dienen ebenfalls den vom Imperialismus geführten volksfeindlichen Politiken. Die Geschichte umzuschreiben, den Kommunismus und den Faschismus beide gleichermassen verantwortlich zu machen für die Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs, dies ist ein Vorwand, um die heutigen arbeiterfeindlichen, fremdenfeindlichen und militaristischen Politiken zu rechtfertigen. Diese Politiken fanden ihren extremsten Ausdruck unter dem Faschismus. Diese Angriffe kommen einerseits von den traditionellen Parteien – besonders von den Sozialdemokraten. Anderseits mehren sich die provokatorischen Attacken von Seiten von rechten, aber auch von ‘linken’ Opportunisten.
11. Die Krise verstärkt die Widersprüche unter den imperialistischen Grossmächten und beschleunigt langfristige Verschiebungen im Kräfteverhältnis im imperialistischen System. Die imperialistischen Mächte sind Rivalen im Kampf um die Aufteilung der Welt; sie liefern sich einen Wettbewerb um die Kontrolle der Rohstoffe und der billigen Arbeitskräfte, der Märkte und Kapitalexportgebiete, der Einflusssphären und strategischen Punkte. Die europäischen Exportländer ziehen vorläufig einen gewissen Profit aus der Schwächung des Euros, was die Widersprüche mit den Vereinigten Staaten verstärkt. Denn die Hauptschwäche der USA ist die stark defizitäre Handelsbilanz, eine Zeitbombe für die Stellung des Dollars und für die internationalen Währungsbeziehungen.
Die Krise führt auch zur Verschärfung der Widersprüche zwischen den grossen westlichen imperialistischen Zentren und Japan einerseits, und anderseits den aufstrebenden Mächten wie China, Russland, Brasilien, Indien oder Südafrika.
Alldies schliesst nicht aus, dass sich die imperialistischen Mächte verbünden, wenn es um ihre fundamentalen Interessen und um die Verteidigung der kapitalistischen und imperialistischen Unordnung geht. Sie einigen sich auf die Unterdrückung der Völker und Nationen der Welt und darauf, diesen die Last der Krise aufzubürden. So hat sich der aggressive NATO-Block mit Russland alliiert, um im Namen des Kampfes gegen ‘den internationalen Terrorismus’ einen gemeinsamen Kampf gegen die nationalen Befreiungsbewegungen zu führen.
Die USA kämpfen darum, ihre Stellung als Supermacht zu behaupten und bedienen sich der NATO als Mittel zur Einbindung ihrer Alliierten in die eigene Strategie der Weltherrschaft. Der NATO-Gipfel im November dieses Jahres soll die neue Strategie formell absegnen, welche den Einsatzradius auf den ganzen Planeten ausweitet. Dazu kommt die Verpflichtung der NATO-Mitglieder, ihre Militärausgaben zu steigern.
12. Die Krise verstärkt die Militarisierung, und die kriegstreibenden Faktoren häufen sich. Die USA verfolgen dieselbe Militärstrategie im Mittleren Osten, wo sie die vollständige Kontrolle über die grössten Erdölvorkommen der Welt anstreben – was zugleich die Kontrolle über die Energieressourcen der wichtigsten Konkurrenten bedeutet, allen voran Chinas. Die US-Administration und das Pentagon konzentrieren immer mehr Kriegsmaterial in der Nähe des Iran – wie in Diego Garcia, wo Tausende von konventionellen Bomben gestapelt werden, die tief in den Erdboden eindringen können, um unterirdische Anlagen zu zerstören. Das Szenario gleicht demjenigen, das zur Entfesselung des Irakkrieges angewendet wurde: Iran wird der Absicht beschuldigt, Nuklearwaffen zu produzieren, ohne dass es dafür die geringsten Beweise gäbe. Die USA stützen und beschützen weiterhin den zionistischen Staat Israel und üben einen starken Druck auf Syrien, damit dieses Land seine antiimperialistischen Rolle in der Region aufgeben soll.
Die Länder Lateinamerikas beunruhigen sich wegen der Zunahme von US-amerikanischen Militärstützpunkten und Kriegsschiffen in ihrer Region. Die USA zielen auf die Kontrolle der wirtschaftlichen Ressourcen und der Märkte ab. Sie widersetzen sich der sozialen Entwicklung, wie sie sich aus den Initiativen der regionalen Integration, wie der ALBA, abzeichnet. Daher halten sie eine ständige Drohung gegen den Frieden und die Stabilität in der Region aufrecht.
Die gewaltigen Reichtümer Afrikas bleiben ein Objekt der Gier der imperialistischen Mächte. Die USA verstärken ihre militärische Präsenz und versuchen, die Kommandostrukturen der AFRICOM zu errichten.
Die Haltung der USA zur nuklearen Abrüstung ist von A bis Z heuchlerisch. Sie entledigen sich einer Zahl von 1000 veralteten Raketen – und behalten immer noch rund 8’000. Washington weigert sich, die Verpflichtung einzugehen, dass es die Atomwaffen niemals im Erstschlag und nie gegen nicht atomar bewaffnete Staaten einsetzt, denn sie sehen Ausnahmen vor (Iran, DVRK, …). Inzwischen hat Obama noch grössere Mittel zur Modernisierung der operativen Atomwaffen eingesetzt, und die Produktion von Mini-Nukes wird vorangetrieben. Ihr Ziel: die US-amerikanische Vorherrschaft auf militärischem Gebiet (45% der weltweiten Militärausgaben) zu behalten, besonders bei den Waffen zur massiven Zerstörung. Auf wirtschaftlichem Gebiet geschwächt, verstärken sich die USA – zusammen mit ihren NATO-Verbündeten – im militärischen Bereich.
13. Die Tiefe der Krise, in der wir leben, wirft die grosse Mehrheit der Weltbevölkerung noch mehr in inakzeptable Situationen. Angesichts des Niedergangs des imperialistischen Systems und des zunehmenden Elends der Völker der Welt, bleibt als einzige Alternative die sozialistische Gesellschaft. Das kapitalistische System kann nicht durch einige Reförmchen, durch den Schein von Regulierungen oder durch einige anderen sozialdemokratischen Akzente wieder hergerichtet werden. Die kapitalistische Gesellschaft kennt nur ein Gesetz, dasjenige des Maximalprofits für das Kapital. Man muss die Grundlagen und die Basis selbst dieses Systems auf dem Weg der Revolution stürzen. Dieser Umsturz bedeutet die Abschaffung des kapitalistischen Eigentums durch Sozialisierung der wichtigsten und konzentrierten Produktionsmittel, die Unterwerfung der Wirtschaft unter eine zentrale Planung durch einen sozialistischen Staat, der tatsächlich in den Händen der Arbeitenden liegt. Die sozialistische Ökonomie besorgt die Verteilung des Reichtums auf eine harmonische und egalitäre Weise und stellt sicher, dass alle lebenswichtigen Bedürfnisse des Volkes, wie die öffentliche Gesundheit, das Bildungssystem, die soziale Sicherheit gratis und ausschliesslich öffentlich sind. Diese Wirtschaftsweise wird auf einer anderen Macht beruhen, welche die Macht der Monopole stürzt und neue Institutionen des Volkes aufbaut. Auf dieser Basis kann sich die internationale Zusammenarbeit entwickeln.
14. Die sozialistischen Länder auf der Welt, die keinerlei Verantwortung für die kapitalistische Weltkrise trifft, setzen ihr Wachstum in einem stabilen Rhythmus fort. Obschon sie komplexe und schwierige Situationen zu meistern haben (wie die Blockade durch die USA) , sind sie am besten in der Lage, die Auswirkungen der Krise auf ihre Bevölkerung zu vermindern. Dies zeigt auf eklatante Weise die Überlegenheit des Sozialismus über den Kapitalismus. DIe fortschrittlichen Regierungen von Venezuela, Bolivien, Equador und anderen lateinamerikanischen Ländern und ihre regionale Zusammenarbeit erzeugen weiterhin einen sozialen Mehrwert, sogar in dieser Krisenperiode.
15. Das Proletariat und die Völker der Welt erheben sich und führen Kämpfe in unterschiedlichen Formen, um der Verschlechterung der Lebensbedingungen zu begegnen, welche durch die wirtschaftliche und finanzielle Krise, durch die Eskalade der imperialistischen Ausplünderung und durch Angriffskriege verursacht werden.
In den imperialistischen Ländern führt die monopolistische Bourgeoisie einen wilden Klassenkampf gegen das Proletariat und drängt dieses zur Entgegnung. Das Niveau der Unzufriedenheit und der Proteste steigt infolge des Anstiegs der Arbeitslosenquote, der Abbröckelung der sozialen Vorteile und der Verschlechterung der Lebensbedingungen.
Die Völker in den unterdrückten Ländern, die einer immer grösseren Ausbeutung und Unterdrückung unterworfen werden, leisten in verschiedenen Formen Widerstand gegen die imperialistischen Mächte und ihre örtlichen Lakaien.
Der Kontext der Krise, voller Gefahren und Risiken weiterer reaktionärer Angriffe, schafft auch objektiv günstige Voraussetzungen und Gelegenheiten, welche von den kommunistischen Parteien ergriffen werden müssen, um den Kampf für eine bessere und von Ausbeutung und Unterdrückung befreite Welt voranzutreiben.
II. Die Aktion der kommunistischen Parteien
1. Die allgemeine Krise des Systems verpflichtet die kommunistischen Parteien, ihre Rolle als Avantgarde der Arbeiterklasse voll zu übernehmen. Es handelt sich darum, ihre Verantwortung zur Mobilisierung, Organisierung und Orientierung der ausgebeuteten Massen zu übernehmen. Es handelt sich darum, die Ursache der Verelendung zu zeigen und die Massen auf dem Weg der sozialistischen Revolution vorwärts zu bringen.
2. Um diese Aufgaben zu erfüllen müssen die Kommunisten die sich bietenden Gelegenheiten wahrnehmen. Das erfordert, jeden Routinegeist in Frage zu stellen. Es gibt Gelegenheiten, um bolschewistische Parteien zu entwickeln, zu konsolidieren oder aufzubauen. Im Feuer des Klassenkampfs sammeln solche Parteien die Erfahrungen, und in dieser Feuerprobe härten sie sich.
3. Das Eintauchen in die Klassenkämpfe stellt eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Ausbildung neuer Generationen von Kadern dar. Ein Grossteil der heutigen Jugend, und sicherlich die Generation, welche die antikommunistische Welle seit 1989 erlebt hat, kannte noch nie eine Krise von solcher Bedeutung und Schwere. Und sie bereitet sich jetzt auf ihre revolutionäre Rolle vor, die sie im Verlauf der folgenden Jahrzehnte spielen wird.
4. Für jede kommunistische Partei besteht die Herausforderung darin, sich die tiefe Kenntnis und die marxistische Analyse der Systemkrise zu eigen zu machen. Die Werke von Marx und Lenin sind von erstaunlicher Aktualität, um die tiefen Wurzeln der aktuellen Krise zu verstehen und um eine sozialistische Alternative zu formulieren.
5. Junge oder schwache Parteien haben jetzt eine gute Gelegenheit, ihre Verbindungen mit der Masse zu verstärken. Die marxistisch-leninistische Theorie muss ein Leitfaden für die Praxis sein. Von der kommunistischen Arbeit unter den Massen hängt es ab, wie weit diese Hebung des Bewusstseins sich verbreitet und Wurzeln schlägt, vor allem mittels der Klassenkämpfe. Die Massen lernen durch die Erfahrung der Kämpfe. Es geht darum, in jedem Kampf zu arbeiten und die Forderungen der Arbeiter herauszuarbeiten. Die Kommunisten müssen ein gesamtes Bündel von grundlegenden Forderungen vorschlagen, das von den Bedürfnissen der Arbeitenden ausgeht. Die herrschende Klasse hat ihren Reichtum auf dem Buckel der Arbeiter akkumuliert und bereichert sich auch während dieser Krise andauernd. Um diese Kämpfe zu entwickeln ist es wichtig, Forderungen zu formulieren, welche die Last der Krise den grossen Vermögen und den grossen Kapitalisten auferlegen.
6. Es geht darum, mit diesen Kämpfen die Perspektive des Sozialismus zu eröffnen. Die Kommunisten müssen Forderungen einbringen, für welche die Arbeitenden heute kämpfen wollen, die aber zugleich zum Sozialismus weisen. Es handelt sich um Forderungen, welche die Logik des Kapitalismus brechen, das politische Bewusstsein heben und die Klasseneinheit schmieden. Von höchster Wichtigkeit ist es, die Kämpfe zu politisieren, um die Arbeitenden zur Schlussfolgerung zu führen, dass tiefgehende Veränderungen der Machtverhältnisse notwendig sind, damit sie die Früchte ihrer Arbeit geniessen können. Jeder Kampf muss dazu dienen, die Klassensolidarität zu verbreitern, Bündnisse zu schaffen, die Spaltung, den Rassismus, den bürgerlichen Nationalismus und die gelben Gewerkschaften zu brechen.
Man muss insbesondere die bürgerliche Propaganda bekämpfen, welche die Allianz der Klassen durchsetzen will um ‘die Nation zu retten’. Die Nation retten heisst für die Bourgeoisie, die Interessen des Kapitals zu retten. Diese stehen den Interessen der Arbeiterklasse diametral gegenüber.
7. Es ist wichtig, die Moral der Truppen zu heben. Man muss spüren, wozu die Massen bereit sind, sich zu mobilisieren, um so kleine Siege zu erringen. Man muss unablässig für unmittelbare Eroberungen kämpfen, für Massnahmen, welche die Probleme mildern und Erleichterung verschaffen. Solche Massnahmen müssen durch die Macht der Bewegung durchgesetzt werden. Die Kampfbereitschaft der der Arbeiterklasse wird sich in dem Masse steigern, als der Kampf die Aussichten bietet, den kapitalistischen Rahmen zu überwinden und die bürgerliche Macht zu bedrohen.
8. Für die kommunistischen Parteien dient die parlamentarische Arbeit zur besseren Entwicklung der Kämpfe. Denn jeder grundlegende Wandel hängt von der Mobilisierung der Massen ab. Im kapitalistischen System kann es einige sozialen Errungenschaften geben, aber nur durch die Entwicklung der Klassenkämpfe. Man darf nicht auf die Parlamente zählen, sondern muss die ausserparlamentarischen Bewegungen entwickeln.
9. Eine besondere Aufmerksamkeit muss der Stärkung der Parteien selbst gelten. Man muss neue Mitglieder rekrutieren, überzeugen, organisieren. Die Rolle der kommunistischen Zeitung als Mittel zur Arbeit unter den Massen bleibt unersetzlich. Ebenso ist es erforderlich, für die Propagandatätigkeit und zur Ausdehnung der Kontaktnetze vermehrten Gebrauch von den elektronischen Kommunikationsmitteln zu machen.
10. Die Tätigkeit unter den Massen bedingt ein verstärktes Engagement in den Gewerkschaften und anderen Massenorganisationen der Arbeiterklasse,
11. Eine wichtige Aufgabe für die kommunistische Bewegung besteht darin, die richtigen Lehren aus dem sozialistischen Aufbau in den Ländern Osteuropas zu ziehen, diesen Aufbau und die andauernde Notwendigkeit des Sozialismus zu verteidigen. Die Kommunisten werden den antikommunistischen Kampagnen, die Hand in Hand mit der lügnerischen Umschreibung der Geschichte gehen, offensiv begegnen. Die kommunistischen Parteien verteidigen mit allen Kräften die historischen sozialistischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts und weisen die Lügen des Imperialismus zurück, welche diese Erfahrungen in den Schmutz ziehen, um die kommunistische Bewegung zu überwinden.
12. Die kommunistischen Parteien müssen sich an allen Fronten gegen die imperialistischen Aggressionen gegenüber den Völkern einsetzen. Insbesondere gegen die wichtiger werdende Rolle der NATO und die zunehmenden militärischen Bedrohungen, welche in einem aggressiven ‘strategischen Rahmen’ anlässlich des nächsten Gipfeltreffens dieser terroristischen Organisation verabschiedet werden sollen.
13. Die Zeit ist reif, um die Entwicklung von gemeinsamen internationalen Kampagnen voranzubringen. DIes wird einen grösseren Einsatz für die Zusammenarbeit zwischen den kommunistischen Parteien auf internationaler Stufenleiter erfordern. Man muss die aktive Solidarität in laufenden Klassenkämpfen entwickeln. Man muss versuchen, gemeinsame Losungen zu formulieren. Man muss sich aktiv in den laufenden internationalen Kampagnen beteiligen, wie etwa der Kampagne ‘Free the Cuban Five’ oder der Kampagne für den Rückzug der Truppen aus Irak und Afghanistan,…