Wer in Deutschland Rentenkürzungen bekommt

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Viele Ältere müssen die Zeit bis zum Ruhestand mit atypischer Arbeit oder in Arbeitslosigkeit und im offenen Hartz-IV-Vollzug überbrücken. Oder sie beantragen ihre Rente vorzeitig – und erhalten damit eine weitere und dauerhafte Rentenkürzung.

In Rente gehen aus:

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Bei der „Rente mit 67″ erhöht sich die Erwerbsbeteiligung Älterer, doch mehr Über-60-Jährige müssen die Zeit bis zur Rente mit prekärer Arbeit und in Arbeitslosigkeit und Hartz-IV überbrücken. Im Jahr 2012 beginnt die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters von 65 auf 67. Ab 2031 soll die Rente mit 67 eingeführt sein.

Wenn sich die Beschäftigungschancen für Ältere nicht verbessern und sich die körperlichen und seelisch-psychischen Arbeitsbelastungen nicht reduzieren, dann hat die Erhöhung des Rentenalters weitere erhebliche Nachteile für die lohnabhängige Bevölkerungsmehrheit. Aufgrund der Rentenpolitik müssen viele Ältere die Zeit bis zum Ruhestand mit atypischer Arbeit oder in Arbeitslosigkeit überbrücken. Oder sie beantragen ihre Rente vorzeitig – und erhalten damit weitere dauerhafte Rentenkürzungen.

Seit 1997 strebt die regierende Rentenpolitik an, die faktische Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuheben und die differenziert Lohnabhängigen zu einem längeren Arbeitsleben zu bewegen. So wurde das Zugangsalter für eine abschlagsfreie Altersrente von 60 auf 65 erhöht. Jeder, der früher als mit 65 Jahren in Rente geht, muss bis zum Lebensende mit einer gekürzten Rente leben. Außerdem verschiebt sich während der Jahre 2006 bis 2012 das frühestmögliche Renteneintrittsalter wegen Arbeitslosigkeit, von 60 auf 63. Das Gleiche gilt auch für die auslaufende Altersteilzeit. Diese drei Altersgrenzanhebungen – zur Reduzierung der Altersrenten – gingen sogar schneller vonstatten als der staatlich im Kapitalinteresse  geplante Übergang zur Rente mit 67. „Die zurückliegenden Jahre waren stärker reformgeprägt als es für die Zukunft zu erwarten ist“, schreiben die Forscher Martin Brussig und Matthias Knuth vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ).

Die Erwerbstätigen stellen sich bereits auf ein langes Arbeitsleben ein. Laut Umfragen rechnen die meisten Beschäftigten damit, länger im Beruf bleiben zu müssen als frühere Generationen. Analysen des IAQ belegen: Die Menschen melden ihren Ruhestand zusehends später an. Im Jahr 2000 lag der häufigste Beginn einer Altersrente noch bei 60 Jahren. Laut Lobby-Bundesregierung war es acht Jahre später 65 Jahre. Es müsse sich erst noch zeigen, ob der tatsächliche Erwerbsaustritt auch nach Auslaufen der staatlich geförderten Altersteilzeit weiterhin aufgeschoben werden kann, so die Wissenschaftler.

Der Lobby-Regierungsbericht blendet wichtige Entwicklungen aus: Nicht nur die schlechte Qualität vieler Beschäftigungsverhältnisse im letzten Jahrzehnt des Arbeitslebens (führt zur weiteren Rentenreduzierung), sondern auch die langfristigen Folgen von harten Arbeitsbedingungen (damit Krankheit und/bzw. Reduzierung der Lebenserwartung und Renten).

Fehlende Leistungsfähigkeit im Alter, Gesundheitsprobleme aufgrund früherer Arbeitsbelastungen führen zur vorzeitigen Berufsaufgabe und zum Abdrängen in randständige schlechter bezahlte Arbeit oder Arbeitslosigkeit. Wer unter körperlichen und seelisch-psychischen Belastungen arbeitet, macht sich große Sorgen um seine Beschäftigungsfähigkeit. 54 Prozent der Beschäftigten mit einer körperlich anstrengenden Arbeit zweifeln daran, bis zum Rentenalter im Beruf durchzuhalten. Von den KollegInnen mit psychischen Druck bei der Arbeit sind es 47 Prozent. (Inifes-Institut)

In den 1990er-Jahren war späte Erwerbslosigkeit noch „der Ausgangspunkt zur materiell abgesicherten Frühverrentung“, so die wissenschaftliche Studie. Seit dem Ende der Frühverrentungspolitik ist sie „zunehmend Bestandteil eines prekären Altersübergangs“. Jeder dritte Neurentner des Jahres 2007 hat einen problematischen Ausstieg aus dem Arbeitsleben mit Langzeitarbeitslosigkeit von mindestens drei Jahren oder einen um zwei Jahre vorzeitigen Rentenbezug (mit entsprechenden staatlich erwünschten Rentenkürzungen). Auch Teilzeitarbeit und Mini-Arbeit kommen bei den Über-55-Jährigen häufig vor, – und führen zur weiteren Rentenkürzung.

Auch die seit den Hartz-Gesetzen praktizierte Arbeitsmarktpolitik geht an den Älteren vorbei – sie werden wenig bis gar nicht gefördert. Sie werden ohnehin bald aus der Arbeitslosenstatistik entlassen: Wer 63 ist und Hartz IV bezieht, muss rasch seine Rente anmelden (dafür sorgt auch die staatliche BDA-Hartz-Agentur). Lediglich Männer, die aus stabiler beruflicher Beschäftigung in Rente gehen, schaffen es mehrheitlich, ohne Rentenabschläge durchzukommen – und viele von ihnen haben die Altersteilzeit in Anspruch genommen. Frauen und Männer in gelegentlicher oder längerer Arbeitslosigkeit – müssen mehrheitlich Rentenabschläge hinnehmen. Was bei vielen zu Altersarmut führt.
(Ein unvollständiger Auszug.)

Quelle vgl.: Hans Böckler Stiftung, Böckler Impuls 05/2011. Altersübergang.
Statistische Effekte verschleiern die Probleme in den Jahren vor der Rente.
http://www.boeckler.de/32014_113456.html
> Download (pdf), u.a.:
Wer Abschläge auf die Rente in Kauf nehmen muss [?]
– und: Lücke zwischen Arbeits-Ende und Rente …
http://www.boeckler.de/pdf/impuls_2011_05_4-5.pdf

18.03.2011, Reinhold Schramm

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