Wenn Schah-Anhänger grün tragen…


von Abou Hassan, Hamid Soltanpour und Michael Opperskalski

… und mit verzückten Augen die so genannte Oppositionsbewegung im Iran unterstützen, dann drängt sich zwingend die Frage nach dem tatsächlichen Charakter dieser Bewegung auf, die ja auch, für jeden täglich nachvollziehbar, von jenen herrschenden Medien unterstützt wird, die ansonsten jeder revolutionären Entwicklung oder Bewegung zumindest jegliche Legitimität absprechen oder sogar den Garaus machen möchten. Warum also unterstützen Gefolgsleute eines vor 30 Jahren durch eine mächtige Volksbewegung auf dem Müllhaufen der Geschichte geworfenen faschistischen (Schah-)Regimes die „grüne Welle“ des vorgeblichen „Reformers“ Mussawi im Iran?
Eine wirklich analytische Antwort auf diese Fragen kann nur sehr vielschichtig, unterschiedliche Hintergrundaspekte der gesellschaftspolitischen, strukturellen, kulturellen, historischen wie auch geostrategischen Dimensionen beleuchtend sein. Ein entscheidender Zugang ist sicherlich die von verschienen wie unterschiedlichen Beobachtern der so genannten Oppositionsbewegung bestätigte Tatsache, dass der Kern – in Qualität und Quantität – dieser Bewegung die oberen Mittelschichten, die Bourgeoisie wie auch die Komprador-Bourgeoisie sowie einige Intellektuelle – mit Schwerpunkt in der Hauptstadt Teheran – des Landes sind. Diese soziale Basis verbindet ganz offensichtlich ihre politischen wie vor allem auch ökonomischen Interessen durch die so genannte Oppositionsbewegung, die im Wesentlichen auf die Durchsetzung eines Turbo-Kapitalismus in Verbindung mit einer strategischen Öffnung zum Westen, insbesondere den USA und Europa, bei formaler Beibehaltung des Systems der Islamischen Republik fordert, vertreten sieht. Dabei ist es zur Zeit sicherlich nicht von entscheidender Bedeutung, dass eine nicht unbedeutende Zahl jener Elemente mit ihren Überzeugungen und Forderungen noch weiter geht, das ganze System sprengen will; Konterrevolution pur…
Vielen dieser gesellschaftspolitischen Fragen können wir an dieser Stelle nicht näher nachgehen, weil wir uns auf einen wichtigen Hintergrund beschränken wollen: die Beeinflussung bzw. Steuerung der so genannten Oppositionsbewegung bzw. wichtiger Teile in ihr durch westliche Geheimdienste sowie deren strategische Hintermänner.

Derzeit scheint der mediale Hype um den Iran nachgelassen zu haben. Dies hat ganz augenscheinlich zwei Gründe. Zum einen haben die von der so genannten Opposition organisierten Straßendemonstrationen nachgelassen und die damit in Berlin, Washington, London oder Paris verbundenen Träume auf einen schnellen, grundlegenden, pro-westlichen Umschwung in Teheran sind vorerst zerstoben, zum anderen sind die Kriegswolken über dem Iran wieder einmal aufgezogen wurden; erneut von Israel. Am 5. Juli 2009 meldeten die Nachrichtenagenturen und zeitgleich Spiegel-Online, dass sich die Streitkräfte des zionistischen Staates auf eine militärische Aggression gegen die Islamische Republik Iran vorbereiteten. Diesmal wurde die israelisch/US-amerikanische Komplizenschaft jedoch öffentlich-offenkundig. Das grüne Licht dafür ist in Washington bereits angegangen. In einem Interview mit dem nordamerikanischen Fernsehsender ABC erklärte US-Vizepräsident Biden, wenn Israel glaube, dass wegen des iranischen Atomprogramms ein Militärschlag nötig sei, könnten die USA „einem anderen souveränen Staat nicht sagen, was er zu tun hat. (…) Ob wir zustimmen oder nicht, sie sind berechtigt, dies zu tun“.  Bereits jetzt wurden notwendige Überflugrechte über Saudi-Arabien, den Irak und/oder Jordanien mit aktiver Unterstützung durch die CIA vom MOSSAD-Chef Meir Dagan persönlich und prophylaktisch in der Frühphase der Vorbereitungen eingeholt. Damit ist das Feuer auf den Iran mit Obamas Unterstützung bereits prinzipiell eröffnet, obwohl diese offene Drohung in der derzeitigen Phase wohl vor allem noch dem Aufbau eines Drohpotenzials dient, um den Druck auf die Islamische Republik drastisch zu verschärfen und wohl auch, um der inneren Opposition im Iran für weitere Destabilisierungsaktionen wieder mehr Luft zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch eindeutig die nachfolge des Japaners Jukija Amano an die Spitze der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu werten, der als treuer Gefolgsmann des Westens gewertet wird und für den Kriegsfall eine „Berechtigung“ in Form einer wie auch immer zurechtformulierten angeblichen unmittelbaren „Bedrohung“ durch das iranische Nuklearprogramm hervorzaubern wird. Es ist also eine Verschärfung eingetreten, die sehr schnell eine im Wortsinn explosive eigendynamische Entwicklung lostreten kann, zumal das für eine militärische Aggression notwenige militärische Potenzial und die entsprechende Logistik in der Region wie auch international bereits unter US-Präsident Bush aus- und aufgebaut worden war…

Aus den Westen nichts Neues…

So ein Szenario wurde in jüngster Vergangenheit bereits mehrfach aus den Hüten der Kriegsstrategen gezaubert und die Welt stand unter George Bush mehr als einmal am Rand eines Krieges gegen den Iran. So zum Beispiel am 1. März 2005 hatte die französische Nachrichtenagentur AFP gemeldet, dass die israelische Luftwaffe ein Ausbildungsprogramm absolviere, in dessen Zentrum Bombenangriffe auf weit entfernte Ziele stünden. Nur wenige Tage später wurden entsprechende Berichte noch präziser: „Israel geheime Pläne für kombinierte Luft- und Bodenangriffe gegen Ziele im Iran entwickelt, falls die diplomatischen Bemühungen fehlschlagen, das iranische Nuklearprogramm zu stoppen. Das ‚innere Kabinett’ von Ariel Sharon, dem israelischen Premierminister, gab während eines Treffen auf seiner Farm in der Negev-Wüste im vergangenen Monat eine ‚erste Autorisierung’ für einen Angriff. (…) Die Pläne wurden mit amerikanischen offiziellen Stellen diskutiert, die provisorisch angedeutet hätten, dass sie Israel nicht im Wege stünden, falls alle internationalen Pläne, die iranischen Nuklearprojekte zu beenden, fehlschlagen würden.“  Bereits Ende Januar 2005 hatte der israelische Verteidigungsminister Mofaz während eines England-Besuches betont, dass der Iran angeblich bei der Entwicklung seines Nuklearprogramms einen Punkt erreicht hätte, nach dem es kaum noch ein Zurück gäbe. Er warnte dann, dass Teheran ein eigenes Nuklearprogramm nicht erlaubt werden dürfe und dass sein Land Pläne in der Schublade hätte, diese militärisch zu zerstören.
Das Auftreten des israelischen Verteidigungsministers in London muss ganz offensichtlich im Zusammenhang mit den zu diesem Zeitpunkt erst wenige Tage alten Enthüllungen des renommierten nordamerikanischen Journalisten Seymour Hersh in der Zeitung „The New Yorker“  „Vorige Woche veröffentliche Hersh im ‚New Yorker’, einem ebenso renommierten wie vorsichtigen Blatt, einen Artikel über erste Vorbereitungen auf einen Schlag gegen Iran, der Schockwellen vor allem in Europa auslöste. Danach versuchte das Pentagon seit Sommer 2004 mit Hilfe geheimer militärischer Kommandos im Inneren des Landes nukleare wie chemische Arsenale aufzuspüren und auch Raketenfabriken ausfindig zu machen. Der Zweck liegt nahe: Vorbereitung für einen militärischen Angriff, um die Massenvernichtungswaffen zu zerstören. Die Islamische Republik Iran zählt ja bekanntlich seit 2001 für George W. Bush zur „Achse des Bösen“ und das eigentliche Ziel des geplanten militärischen Angriffs auf den Iran ist ein Regimewechsel im Sinne der US-Strategen.  Dies hat bereits der „Fürst der Finsternis“, Richard Perle, ganz offen formuliert: „Wie dem auch sei, das Problem im Iran ist wesentlich größer als das der Waffen. Das Problem ist das terroristische Regime, das nach diesen Waffen trachtet. Dieses Regime muss weg!“  Richard Perle war ja bereits schon der Architekt des nordamerikanischen Feldzugs gegen den Irak gewesen, bei dem es vorgeblich um die Vernichtung von – nur in der US-Propaganda existierenden – Massenvernichtungswaffen, tatsächlich jedoch um einen Regimewechsel in Bagdad gegangen war, der zum Ziel hatte, die geostrategische Dominanz der USA – auch gegen ihren europäischen und asiatischen Konkurrenten – in der rohstoffreichen Region des Nahen und Mittleren Ostens abzusichern und auszubauen. Perle gehört zur Riege der so genannten Neokonservativen in Washington, deren Kreise fast deckungsgleich mit der pro-israelischen zionistischen Lobby in der USA sind.

Alles erinnert an den Vorlauf des Aggressionskrieges gegen den Irak

Auch die schrittweise militärische Eskalation zwischen beiden Ländern ließen die Monate vor dem US-Angriff auf den Irak wieder aktuell erscheinen: „Systematisch dringen Kampfjets der US-Luftwaffe in iranischen Hoheitsgebiet ein. Auf diese Weise sollen die Iraner dazu bewegt werden, ihr Luftabwehrradar sowie die Zielerfassungssysteme zu aktivieren. Das berichtet am Mittwoch der auf Geheimdienste spezialisierte Korrespondent der US-Nachrichtenagentur UPI, Richard Sale. (…) ‚Wir müssen wissen, welche Ziele wir anzugreifen haben und wie wir sie angreifen müssen’, zitiert der UPI-Korrespondent einen US-Airforce-Mitarbeiter, der berichtete dass US-Kampfjets bereits seit Wochen immer wieder in den iranischen Luftraum eindringen. Für die Planung eines Angriffs seien die daraus möglichen Erkenntnisse von größter Bedeutung. Letztlich ließen sich Umfang und Dauer der ersten US-Luftschläge bestimmen, die notwenig wären, um das iranische Luftabwehsystem auszuschalten.“  Diese Erkenntnisse sind auch dann wichtig, falls die ersten Angriffswellen von israelischen Piloten geflogen würden. Die Auswertung iranischer Reaktionen durch das Pentagon ist wohl auch der Hintergrund eines international kaum beachteten Berichts der britischen Tageszeitung „Daily Telegraph“ vom 7. März 2004: „Die US-Streitkräfte versuchen, einen Krieg mit dem Iran zu beginnen und sie wurden bereits dabei erwischt, wie sie versuchten, Großbritannien für die Erledigung der schmutzigen Arbeit auszunutzen. Im Juli des vergangenen Jahres befahlen die US-Kommandeure im Irak Tausenden von britischen Truppen einen Großangriff auf iranische Stellungen an der Grenze zum Irak. Falls die britischen Kommandeure die Kommandolinie nicht durch ein Abblocken dieser Befehle unterbrochen hätten, ist es ziemlich sicher, dass die Alliierten sich jetzt im Krieg mit dem Iran befänden.“
„Iran hat gemäß eigenen Angaben in diesem Jahr mehr als zehn Spione aus Israel und den USA verhaftet. Sie hätten im Auftrag des amerikanischen Geheimdienstes CIA und des israelischen MOSSAD das Atomprogramm des Landes ausspioniert, sagte der für den Geheimdienst zuständige Minister Ali Junesi nach Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Drei der Männer hätten für die Atomenergiebehörde des Landes gearbeitet. Iran hatte schon im August erklärt, mehrere Duzend ausländische Agenten verhaftet zu haben, aber keine Einzelheiten genannt.“  Dieser – ebenfalls international kaum beachtete – Bericht wirft im Nachhinein ein Schlaglicht auf den im Januar 2005 erschienenen Enthüllungsartikel von Seymour Hersh, in dem von geheimen US-Kommandos gesprochen wurde, die bereits seit Monaten mit entsprechendem Auftrag im Iran tätig gewesen seien. Die strategisch wichtigen Spionageoperationen werden also bestätigt, wenn auch in einer Einzelheit korrigiert: die im Iran tätigen Agenten sind keine US-Bürger, sondern iranische Kollaborateure und von der CIA bezahlte Dissidenten…
Bereits seit Anfang 2003 existiert eine über 300 Seiten umfassende geheime CIA-Analyse, die alle möglichen Szenarien für den Fall eines geplanten militärischen Angriffs der USA auf den Iran durchspielt.  Aus dem gleichen Zeitraum stammt eine Meldung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Amerika will Regime in Iran stürzen – Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihre informellen Kontakte zur iranischen Führung abgebrochen und arbeitet nun auf einen Sturz des Regimes in Teheran durch einen Aufstand im Inneren hin. Das berichtet die Tageszeitung Washington Post in ihrer Sonntagsausgabe unter Berufung auf ranghohe Mitarbeiter der Regierung.“  Ganz offensichtlich betrachteten die Strategen in Washington den von ihnen geplanten militärischen Angriff auf den Iran als Initialzündung für einen pro-amerikanischen Putsch oder Aufstand in der Islamischen Republik.
Auch der Poker um die angeblich von Teheran entwickelten Massenvernichtungswaffen, einschließlich ihrer nuklearen Komponenten, erwies sich damals – wie auch heute noch (!) – sich als Desinformation und propagandistische Kriegsvorbereitung bzw. als propagandistische Abdeckung für einen, mit welchen Mitteln auch immer, erreichten Regimewechsel im Iran.
Der propagandistische Charakter der international verbreiteten Berichte über angeblich existierende Pläne eines iranischen Atomwaffenprogramms wurden zum Beispiel durch eine Meldung der  Nachrichtenagentur DPA vom 12. Dezember 2004 (die sich dabei auf Aussagen des Leiters der Internationalen Atomenergie-Organisation, Mohammed el Baradei, stützte) bestätigt: „Nach Worten von El Baradei geht von Iran keine ‚unmittelbare atomare Bedrohung’ aus. Die Zusammenarbeit mit Teheran sei gut, sagte er in einem Interview der spanischen Zeitung ‚El Pais’ (Sonntagsausgabe) (…) ‚Wir haben keine konkreten Beweise, dass Iran sein Nuklear-Programm in Richtung Atomwaffen-Produktion gelenkt hat.’“ Bestätigt wurde diese Einschätzung auch von el Bardeis Stellvertreter, Jury Sokolov, im März 2005: „Die Internationale Atomenergie-Organisation hat keiner Beweise dafür, dass der Iran sein Atomprogramm für nicht-friedliche Zwecke nutzt.“ 

Iran schon seit Jahrzehnten im Fadenkreuz

CIA-Operationen und US-Interventionen gegen den Iran haben eine lange Tradition und hatten immer zum Ziel, die Ausbeutung der reichen iranischen Rohstoffvorkommen zu sichern und das Land im Rahmen der langfristigen geostrategischen Planungen der USA zu nutzen.
Die erste größere CIA-Operation im Iran fand 1953 statt. Damals regierte in Teheran eine vom iranischen Volk gewählte nationale Regierung unter Premierminister Mohammad Mossadegh. In den Augen der US-Administration und anderer west-licher Länder hatte diese Regierung ein Verbrechen begangen: Sie hatte die Erdölindustrie nationalisiert.
Die Reaktion der herrschenden Kreise in USA auf diese Ma߬nahme war eindeutig: „Das amerikanische Interesse an der Lage ist vielseitig und tief. Wenn diese Expropriation, welche Nationalisierung genannt wird, durchgeht, werden die amerikanischen Investitionen in Saudi-Arabien nicht mehr lange sicher sein. Das ganze schwankende Gleichgewicht im Mittleren Osten wird unwiederbringlich gestört sein …“  Der damalige US-Botschaf¬ter Grady formulierte offen, welche Strategie die USA einzuschla¬gen gedachte: „Wenn es uns gelingt, den Iran ordentlich in ein Wirtschaftschaos zu bugsieren, dass wir den Mossadegh loswer-den, kommt schon alles zurecht!“
Im Sommer 1953 lief die CIA-Operation „Ajax“ an. Mit Millio¬nen von Dollar wurden Schlägertrupps mobilisiert, die ein Bürger¬kriegsklima schaffen sollten. Der für die Aktion verantwortliche CIA-Agent Kim Roosvelt erinnert sich: „Was die Zahl der Agen¬ten betrifft, bin ich nicht ganz sicher, ob es sechs oder acht Perso¬nen waren. Etwa 700 000 oder 800 000 Dollar waren vorhanden. Während der ganzen Operation wurden etwa 10 000 Dollar ausgegeben (…) Nun, einige Iraner haben auch gearbeitet, und was sie brauchten, war praktische Einweisung und Unterstützung (…) So schwer war die Arbeit nicht, denn es gab viele Iraner, die gegen die Regierung waren und bereit, zuzuschlagen. Was sie nötig hatten, war etwas Unterstützung, Hilfe und manchmal geringe Summen Geld (.. .)“

Im Schützenpanzer zum Offiziersklub

Der von der CIA gelenkte Putschistenführer war ein gewisser General Zahedi. Dieser fuhr am 19. August 1953 in einem amerika¬nischen Schützenpanzer zum Offiziersclub. Dort erklärte er die Regierung Mossadegh für abgesetzt, während der Regierungssitz gestürmt, strategisch wichtige Positionen besetzt und die ersten Verhaftungen vorgenommen wurden. Gelenkt von der US-Bot¬schaft in Teheran wurde die Operation »Ajax« ein voller CIA-Erfolg. Der aus dem Iran geflohene Schah konnte seine Heim¬reise antreten, und der damalige englische Premierminister Eden bemerkte in seinen Memoiren: „Ich schlief diese Nacht ruhig und glücklich!“
Der gestürzte Premier Mossadegh wurde vor ein Militärtribu¬nal gestellt. Doch der Angeklagte wurde selbst zum Ankläger: „Meine einzige ungeheure Schuld liegt darin, die Erdölindustrie zu verstaatlichen und dem Einfluss sowie der Ausbeutung durch eines der größten Weltimperien ein Ende zu setzen. Mein Leben und Menschen wie ich haben angesichts des Stolzes von Millio¬nen Iranern keine Bedeutung. Ich bedauere mein Schicksal nicht und bin sicher, dass ich meine historische Aufgabe bis zum Schluss erfüllt habe. Mein und Ihr Leben wird nur eine Weile dauern, aber was bleibt, ist die Existenz eines leidenden Volkes (…), weil ich die Vorbereitungen dieses Prozesses kenne und weiß, das mein Leben in einer Zelle enden wird, nehme ich die Gelegenheit wahr, um meine mutigen und geliebten Landsleute zu beschwören, die¬sen würdevollen Weg weiter zu beschreiten und sich vor nichts zu fürchten!“
Mossadegh wurde zu drei Jahren Kerker verurteilt und stand bis zu seinem Lebensende unter Hausarrest.
Der Iran unter Schah Mohammad Reza Pahlevi wurde zum Pro¬tektorat der USA. Der US-Milliardär Rockefeller drückte das in einem vertraulichen Schreiben an den damaligen US-Präsidenten Eisenhower so aus: „Durch die Anwendung wirtschaftlicher Hilfe gelang es uns, Zugang zum iranischen Öl zu bekommen, und wir haben jetzt in der Wirtschaft dieses Landes festen Fuß gefasst. Die Stärkung unserer wirtschaftlichen Position im Iran hat es uns ermöglicht, seine gesamte Außenpolitik unter Kontrolle zu bekommen!“                                                                                  

Um das iranische Volk in Schach zu halten, unterstützten die CIA und der israelische Geheimdienst MOSSAD das Schah-Regime tatkräftig beim Aufbau seines Geheimdienstes SAVAK. Über die Organisation und personelle Stärke des Schah-Geheim¬dienstes berichtete 1974 das US-Magazin „Newsweek“: „Zwi¬schen 30 000 und 60 000 Personen arbeiten ständig für den SAVAK, aber sie bilden nur das Gerüst für einen weit größeren Apparat. Gemäß Berichten einiger Diplomaten im Iran sind nicht weniger als drei Millionen Iraner-je acht auf einen erwachsenen Bürger- gelegentliche Informanten des SAVAK. In Hotels, Taxis, Schulen,  ausländischen Vertretungen und  Gesellschaften, in Betrieben und Ämtern, selbst in den Schlafsälen und Automaten¬restaurants, wo die iranischen Studenten leben und essen, wäh¬rend sie im Ausland studieren“
Die Zusammenarbeit zwischen dem kaiserlichen Geheim¬dienst und der CIA bestätigt ein Geheimpapier der US-Botschaft in Teheran vom 11. August 1973, das bei der Botschaftsbesetzung im November 1979 gefunden wurde: „(….) da gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen SRF und SAVAK!“  SRF ist ein Kür¬zel für CIA und bedeutet möglicherweise „Special Research Facility“.
Die Friedhofsruhe, die der Schah, die CIA und der israelische MOSSAD dem Iran gewaltsam und blutig überstülpten, wurde jedoch immer wieder gestört. 1963 kam es zu ersten größeren Demonstrationen gegen die Diktatur, die blutig niedergeschlagen
wurden.
Arbeiter-Streiks und Studenten-Aktivitäten flackerten auf. 1971 begann die linke Organisation der Volksfedajin den bewaffne¬ten Kampf. Im Untergrund formierten sich die außerdem unterschiedlich orientierte politische Oppositionskräfte, unter denen Kräfte des politischen Islam eine bedeutende und zunehmend immer stärkere Rolle spielten. Diese breit gefächerten und unter¬schiedliche Zielsetzungen verfolgenden Oppositionsgruppen, die sich systematisch verschlechternde ökonomische Situation und die anhaltende grausame politische Unterdrückung waren für den Ausbruch antidiktatorischer Bewegungen, die 1978 begannen und ein Jahr später zum Sturz des Schah führten, die notwendi¬gen Voraussetzungen.

Die antidiktatorische Bewegung wird immer stärker

Auf die wachsenden Protestaktionen der iranischen Bevölke¬rung 1978 reagierten die US-Strategen und die CIA sehr unter¬schiedlich. Das beweisen geheime Dokumente, die nach der Besetzung der US-Botschaft in Teheran von revolutionären Stu¬denten gefunden wurden. So heißt es ein Jahr vor dem Sturz der
Pahlevi-Dynastie in einem der Papiere: „Die iranische Monarchie sorgt für Stabilität, die durch demokratische Institutionen und wegen des Fehlens einer langen demokratischen Tradition bei der organisierten Bewältigung politischer Fragen noch nicht erreich¬bar ist. Sie ist gegenwärtig der einzige Faktor im Lande, der für politische Kontinuität sorgen kann. (…) So bietet der Schah augenblicklich die beste Gewähr für den Schutz unserer elementa¬ren Sicherheitsinteressen im Iran, und er ist die einzige Persön¬lichkeit auf der politischen Szene, die in der Lage ist, die zur Anar¬chie neigenden Perser zu führen.“
Dieses Zitat – wie auch andere Geheimdokumente der US-Bot¬schaft – belegen, dass die CIA in jenen stürmischen Monaten nicht in der Lage war, den für das Schah-Regime gefährlichen Charakter der anti-diktatorischen Volksbewegung in ihrer Komplexität einzuschätzen. Das erklärt die ungebrochene US-Unterstützung für den wankenden Pahlevi-Thron bis zuletzt.
Doch es gab auch andere Tendenzen, wenn sie strategisch auch noch nicht zum Tragen kamen. So berichtet am 24. Januar 1978 ein Geheim-Telegramm der US-Botschaft in Teheran nach Washing¬ton über „religiöse Unruhen“ und betont: „In den kommenden Monaten wird sich die Botschaft bemühen, die naturgemäß schwierige Aufgabe anzugehen, mehr über die religiösen Ele¬mente innerhalb der oppositionellen Bewegung (gegen den Schah) zu erfahren.“  Was die CIA dabei interessierte, wird durch ihre Analyse vom 2. Februar 1978 deutlich: „Die schiitisch-islami¬sche Bewegung unter Ajatollah Chomeini ist weit besser organi¬siert, aufgeklärter und weit mehr in der Lage, dem Kommunismus zu widerstehen, als ihre Verleumder uns gern glauben machen möchten.“  Mit anderen Worten, es gab schon damals einige CIA-Analytiker, die gedanklich daran bastelten, nicht nur die Kräfte des politischen Islam – und damit die Volksbewegung gegen das Schah-Regime – zu spalten, sondern, mehr noch, innerhalb dieser Kreise Verbündete zu suchen, mit denen sich eine pro-amerikanische oder zumindest von den USA beeinflusste „islamische Front“ gegen linke, revolutionär-islamische und nationalistische Kräfte im Lande und darüber hinaus in der gesamten Region aufbauen ließe.
Diese strategische Konzeption kam jedoch erst in Afghanistan nach 1980 zum Tragen, als die USA und ihr CIA die so genannten Mudjahedin in ihrem Krieg gegen das Land am Hindukusch und die Sowjetunion mit massivster materieller und ideologischer Hilfe aufbauten. Damit hatte Langley „Gotteskrieger à la USA“ geschaffen, um sie entsprechend eigener strategischer Planungen einzusetzen…
In den Revolutionsmonaten von 1978 wurden solche Gedanken im Iran jedoch noch nicht Realität. Man hielt in Washington an der Unterstützung des Schah-Regimes fest, wenn auch zeitweilig mit dem Gedanken gespielt wurde, die wankende Monarchie als Verteidigerin des „Islam gegen den Kommunismus“ zu profilieren und einige islami¬sche Führungspersönlichkeiten mit dem Schah zu versöhnen. So heißt es in einem geheimen CIA-Bericht vom Mai 1978: „Wir wissen, dass es hinter den Kulissen Bemühungen gibt, den Dialog mit den religiösen Konservativen in Gang zu bringen und sie, wenn möglich, von Chomeini abzuspalten. Da viele dieser religiösen Führer die Monarchie als eine notwendige Institution ansehen, die den Islam gegen die Herausforderung des Kom¬munismus verteidigen hilft, und da eine Alternative zum Schah nicht in Sicht ist, werden sie vielleicht vernünftig sein und sich zu einer rationalen, verständnisvollen Haltung gegenüber der Regierung entschließen, ohne größere Änderungen in den Institu-tionen.“
Alle diese Strategien fruchteten nichts mehr; die Massenbewe¬gungen gegen das Schah-Regime hatten ihre Eigendynamik ent¬wickelt, und es gab keinen Raum mehr für Kompromisse.
Schließlich ging nahezu das gesamte iranische Volk auf die Straße. Als letzte Rettung zur Sicherung ihrer gefährdeten Positionen sahen die US-Strategen die Errichtung einer sogenannten konstitutio¬nellen Monarchie unter Regierungschef Schapur Bachtiar, der schließlich am 1. Januar 1979 zum Ministerpräsidenten ernannt wurde. Doch das iranische Volk gab keine Ruhe mehr, es akzep¬tierte keine Scheinlösungen.
US-General Huyser wurde nach Teheran geschickt, um dem bedrängten Regime Bachtiars unter die Arme zu greifen. Huyser berichtete nach Washington:
„Die Aktionen, die ich vorantreibe, sind Streikbruch, Einsatz von Militär beim Zoll, bei der Ölförderung, bei den Banken. Auf allen drei Gebieten haben wir Fort¬schritte gemacht (…) ich habe Bachtiar ermutigt, diese Schritte zu unternehmen. Er hat Bereitschaft gezeigt, aber ich würde das Tempo beschleunigen. Wenn das nicht klappt, müssen wir zu einer direkten militärischen Übernahme kommen. Wie Du siehst, ist die Planung die gleiche, welchen Weg wir auch einschlagen (…) Der Punkt, den ich in Washington klarmachen möchte, ist, dass das Militär die Fähigkeiten hat, eine fähige (sophisticated) Regie¬rung aufzubauen und zu leiten, dass viele Elemente außerhalb der Regierung hier einen richtigen Bürgerkrieg wünschen. Eine gute Gelegenheit, das zu starten, wäre, Chomeini zurückkehren und ermorden zu lassen.“
Das war die vorerst letzte Fehlkalkulation der USA. Am 16. Ja¬nuar 1979 verließ der Schah das Land, und etwa drei Wochen spä¬ter war auch die Regierung Bachtiar gestürzt.

1979 scheiterte die bisherige US-Strategie im Iran

Der Zusammenbruch der Pahlevi-Dynastie bedeutete nicht nur das Scheitern der bisherigen US-Strategie im Iran, er machte zudem für die CIA-Operationen eine drastische Umstrukturierung notwen¬dig. Zunächst wurden einige der alten SAVAK-Freunde in die sicheren USA oder befreundete Länder geschleust, allerdings nur jene Schah-Geheimdienstler, die später noch ein¬mal von Nutzen sein könnten.
In der besetzten US-Botschaft wurde ein Geheim-Telegramm gefunden, das dementsprechend klare Anweisungen gibt: „Be¬trifft: Visaausfertigung für Mitglieder des alten Regimes (…) Ein¬reise- oder Flüchtlingsstatus für Mitglieder des Diplomatischen Korps (des Schah-Regimes, d. Verf.) oder SAVAK-Mitglieder (.. .)  Wer in den Genuss dieser Visa kommen sollte, wurde in einem „Nützlichkeitsdialog“ festgelegt: „A. Offiziere der irani¬schen Armee, Gendarmerie und Polizei (…), B. Beamte der zivi¬len Luftfahrtgesellschaft und C. höhere iranische oder ausländi¬sche Beamte des Diplomatischen Dienstes, die mit dem Defence-Attaché-Büro in Verbindung stehen (…) Visa werden nur, ich wiederhole, nur ausgestellt, um Informationen aus dem Sicherheitsbereich zu erhalten, die für die US-Regierung wichtig sind (.. .).“
Spezialisten der CIA und „diplomatische Krisenmanager“ wur¬den als „Diplomaten“ nach Teheran geschickt, um die Mannschaft vor Ort zu verstärken. So Bruce Laingen, seit Juni 1979 US-Bot¬schafter im Iran. Laingens Stellvertreter wurde Victor Thomseth, der bereits seit 1975 den Rang eines „Politischen Konsuls“ beklei¬det hatte und mit Schah-Vertrauten, Generalen und SAVAK-Offizieren freundschaftlich verkehrte. Im August wurden zur Unter¬stützung die CIA-Agenten Malcolm Kalb und William Daugherty eingeflogen. Chef der CIA-Station wurde Thomas Leo Ahern; seine Tarnfunktion dort war der Job eines mit der Rauschgiftbe¬kämpfung beschäftigten Beamten. „Show to Tom A“ – dieser Ver¬merk auf allen wichtigen Geheimdokumenten belegt, dass alle entscheidenden CIA-Operationen über den Schreibtisch von Tho¬mas Ahern liefen. Als sich die anti-amerikanische Stimmung immer mehr zuspitzte, bekam er von der technischen Abteilung der CIA „Eznova“ einen falschen belgischen Pass auf den Namen „Paul Timmermans“ ausgestellt.
Auch ein zweiter CIA-Mann wurde mit falschen Papieren ver¬sorgt, diesmal mit einem bundesdeutschen Reisepass, Personal¬ausweis und Führerschein. Der Geheimdienstmann George O’Keefe wurde auf diese Weise zu Josef Markus Schneider, geboren am 8. Juli 1942 in Freiburg im Breisgau. Sein Tarnname in den CIA-Papieren: Jaumotte.
Am 23. Juni 1979 traf Jaumotte in Teheran ein und wurde als zweiter Sekretär der US-Botschaft akkreditiert. Seine Geheimauf¬gaben beschreiben mehrere in der besetzten US-Botschaft gefun¬dene Telegramme, die belegen, dass es der CIA nach dem Sturz des Schah-Regimes recht schnell wieder gelang, ein Agentennetz aufzubauen bzw. alte Kontakte zu reorganisieren und Geheim-Operationen zu entwickeln. Dabei stützte sich die CIA nicht nur auf die im Iran verbliebenen „alten“ Freunde aus den Zeiten des Schah, sondern auch auf neue Kon¬takte aus den Kreisen der islamischen Revolutionäre. Ein Telex vom CIA-Hauptquartier in Langley (Virgina) an das CIA-Büro in New York wurde auch an die CIA-Station in der Teheraner US-Botschaft geschickt. Es kündigte die Ankunft von Jaumotte für den 31. Oktober 1979 in New York an, um einen iranischen Agenten zu treffen, dessen internes Skriptonym SDPLAYER/1 lautet. Dort angekommen, bildete er den iranischen Agenten ge¬meinsam mit einem anderen CIA-Mann aus, der unter der Tarnung Quaranta lief.

CIA-Operationen auf Hochtouren

In einem anderen Telegramm wurde ein erstes Treffen zwi¬schen Jaumotte und dem Anfang November 1979 in den Iran zurückgekehrten iranischen Agenten für den 17. November festge¬macht. Zu diesem Treffen sollte es jedoch nicht mehr kommen. Am 4. November 1979 besetzten Studenten die US-Botschaft in Teheran und veröffentlichten in den folgenden Monaten eine Unzahl geheimer US-Dokumente.
1979 stand die CIA auch in Kontakt mit einer iranischen Terror¬gruppe namens Forghan. Der brisante Aspekt dieser Organisation war, dass sie unter der Maske des politischen Islam operierte. An diesem Punkt ergibt sich eine hochinteressante, strategische Parallele zu CIA-Operationen, die ganz aktuell ablaufen; hierzu jedoch später mehr..
Das alles belegen zwei Schreiben des CIA-»Diplomaten« Victor Tomseth: „Am 8. August (1979, d.Verf.) bat Ferydon Afschar den politischen Konsul der Botschaft um Hilfe, eine militärische Kraft in Aserbaidschan aufzubauen, die dazu eingesetzt werden könnte, die Macht der islamischen Bewegung zu schwächen (…) Er sagte, es sei ein leichtes, eine Gruppe von 20 000 bis 30 000 Leuten zusammenzustellen, und dass wir sie in Kurdistan ausbilden können, wo es keine Kontrolle gibt, und sie in den Nordwesten schicken könnten (…) Afschar sagte implizit, dass er Hilfe braucht, um seinen Plan weiterzuführen. Unterstüt¬zung in Form von Waffen und Ausbildung wäre nützlich (…) Es scheint, als hätte er die schwachen Punkte des Feindes präzise ein¬kalkuliert. Ob er in der Lage ist, eine derartige Kraft aufzustellen, ist nicht klar. Aber wenn eine solche Truppe aufgestellt wird, wird wahrscheinlich eine Person wie Afschar diese Aufgabe besser erfüllen als ein hoher Offizier (…).“
„Einer der alten Freunde des politischen Offiziers, der seit Jah¬ren religiöse Studien treibt und dessen Haus im letzten Jahr ein Zentrum für religiöse Diskussionen seiner Studenten war, gab einen Einblick in die Forghan-Gruppe. Elf Studenten dieser Gruppe sind Mitglieder der Forghan-Gruppe in Teheran, die etwa 40 bis 50 Leute umfasst (…) Einer der Forghan-Mitglieder war stolz darauf, das sie die Absicht haben, die Sabotage mit dem Mord eines Geistlichen pro Woche zu beginnen und dies fortzu¬führen, bis sie erfolgreich sind.. .“

Zugleich intensivierte die CIA jedoch auch ihre Operationen, die darauf abzielten, führende Persönlichkeiten aus den Kreisen des politischen Islam im Iran zu gewinnen, die den Schah vom Pfauenthron gestoßen hatten, zu gewinnen. Zu den bedeutendsten dieser CIA-Operationen gehörten:

•  Die versuchte Rekrutierung von Abulhassan Bani Sadr. Als die CIA-Operation begann, war Bani Sadr noch ein enger Berater des im Pariser Exil lebenden Ajatollah Chomeini; später sollte er der erste Präsident der Islamischen Republik Iran werden. Heute lebt er erneut im Exil. Im Januar 1979 wurde Bani Sadr von einem als amerikanischen Geschäftsmann namens Rutherford getarnten Agenten aufge¬sucht, der den Auftrag hatte, CIA-Kontakte innerhalb der islami¬schen Bewegung herzustellen. In mehreren Gesprächen gelang es dem CIA-Mann, Bani Sadrs Vertrauen zu gewinnen, und man ver¬einbarte, sich später in Teheran wieder zu treffen. Bani Sadr bekam in den geheimen CIA-Akten die Codebezeichnung SD Lure/1.
„Es ist das normale Vorgehen der CIA, freundliche Beziehun¬gen zu Führern gemäßigter Oppositionsparteien zu unterhalten, die gezwungenermaßen im Exil leben (…) Das hat den Zweck, reiche Ernte zu halten, wenn solche Politiker nach Hause zurück¬kehren. Oft werden bezahlte Agenten in solche Exilgruppen ein-geschleust, um zusätzliche Informationen zu erhalten“, so beschreibt der ehemalige CIA-Agent Philip Agee eine der üb¬lichen Taktiken der CIA.
Nachdem der Schah gestürzt und Bani Sadr gemeinsam mit Chomeini in den Iran zurückgekehrt war, reiste der CIA-Mann Rutherford seinem Operationsziel, wie vereinbart, nach. Im August und September 1979 trafen sie sich dreimal. Wie die CIA-Dokumente über diese Operationen belegen, gab Bani Sadr dabei seinem Gesprächspartner internste Informationen preis, die zu jener Zeit nicht öffentlich waren.
•  Wesentlich enger gestaltete sich die CIA-Beziehung zu einem Iraner namens Amir Entesam.  Er war Mitglied im Zentralkomitee der „Iranischen Befreiungsbewegung“ (LMI). Die LMI war eine der wichtigsten bürgerlich-liberalen Oppositionsgruppen, die sich zur „Nationalen Front“ zusammengeschlossen hatten. Ihr Vor¬sitzender war Mehdi Basargan, der erster Ministerpräsident im nachrevolutionären Iran werden sollte. Unter Basargan wurde Entesam zunächst stellvertretender Ministerpräsident und Regierungssprecher, später Botschafter der Islamischen Republik Iran in Schweden.

Entesam bekam in den geheimen CIA-Dokumenten den Decknamen SD PLD/1 zugeteilt. Er war der CIA äußerst behilf¬lich, nicht nur was Informationen angeht. Da gab es zum Beispiel im Norden Irans den gegen die Sowjetunion gerichteten CIA-Horchposten Kapkan. Er war im Februar 1979 von Revolutionären dichtgemacht worden. Die Besatzung, 22 CIA-Spezialisten, war in Schutzhaft genommen worden, weil die Bewohner der umliegen¬den Dörfer eine drohende Haltung ihnen gegenüber eingenom¬men hatten. Am 27. Februar machten sich der US-Militärattaché T.E. Schaefer und der US-Luftwaffen-Attache H. F. Johnson nach Kapkan auf, um die 22 Abhörspezialisten herauszuholen. Ohne die hilfreiche Unterstützung zweier Entesam-Vertrauter hätte diese Operation nicht erfolgreich beendet werden können. In einem Brief vom 13. März 1979 bittet der damalige US-Botschafter William H. Sullivan Entesam um Hilfe, damit das CIA-Horch¬gerät in Kapkan und in Behshahr, einer ähnlichen Einrichtung, vor Beschädigung geschützt und funktionsfähig erhalten werden könne.

Aufbau einer Exilantenfront

Gleichzeitig bemühte sich die CIA um eine Zusammenarbeit mit iranischen Exil-Gruppen, die sich bereits kurz nach dem Sturz des Schah im westlichen Ausland gebildet hatten. „Die Vereinig¬ten Staaten unterstützen insgeheim iranische paramilitärische und politische Exilgruppen und strahlen Radiopropaganda nach Iran aus“, recherchierte 1982 der US-amerikanische Journalist Leslie H. Gelb . „Das Ziel dieses Programmes, das von der CIA organisiert wird, ist, eine Koalition von Exilgruppen und ihren Unterstützern in Iran zusammenzubringen, damit diese – falls die Möglichkeit auftaucht – ein entscheidender Faktor bei der Gestal¬tung der Zukunft des Iran werden können.
So entwickelte die CIA zu jener Zeit eine enge Zusammen¬arbeit mit zwei paramilitärischen iranischen Gruppierungen, die im Osten der Türkei stationiert waren. Die eine Gruppe, geführt vom ehemaligen Marine-Admiral Ahmad Madani, verfügte über 6 000 bis 8 000 Männer. Madani war während der Schah-Diktatur Oberbefehlshaber der iranischen Marine, nach der Revolution wurde er Verteidigungsminister der ersten Chomeini-Regierung Bazargan, bis er sich mit dem Regime überwarf und ins westliche Exil ging. Chef der zweiten paramilitärischen Gruppe, etwa 2 000 Mann stark, war der ehemalige Schah-General Bahram Aryana. Beide Gruppen operierten vor allem in Iranisch-Kurdistan. Das hatte zwei Gründe: Zum einen Unruhe gegen das neue Regime in Teheran zu schüren, zum anderen den in Iranisch-Kurdistan starken Einfluss der linken „Demokratischen Partei Kurdi¬stans“ zu brechen. Die CIA lieferte diesen Gruppen Waffen und unterstützte sie logistisch und mit Beratern.
CIA-Gelder flossen auch an verschiedene iranische Exilgrup¬pen von Schah-Anhängern im Westen. „Seit 1982 unterstützte die CIA die wichtigste Chomeini-feindliche Exilbewegung, die in Paris ansässige Iranische Befreiungsfront (FLI), mit monatlich 100 000 Dollar. Casey rechnete zwar nie ernsthaft damit, dass der Gruppe ein Putsch gelingen könnte, aber ihre Kontakte verschafften ihm wenigstens spärliche Informationen über die Verhältnisse im Iran. Mit weiteren 20 000 bis 30 000 Dollar im Monat unterstützte man den Sender Radio Liberation, der von Ägypten aus vier Stunden täglich Programme in den Iran ausstrahlte, in denen Chomeini attackiert wurde (…) Vor einem Monat, im September (1986, d. Verf.), hatte die CIA einen miniaturisierten Fernsehsender zur Verfügung gestellt. Auf der Frequenz des iranischen Fernsehens wurde eine elfminütige Sendung mit Reza Pahlevi, dem Sohn des letzten Schah, in den Iran ausgestrahlt. Baby-Schah, wie ihn seine Kritiker nennen, hatte darin erklärt: ‚Ich werde zurückkehren!’“
1980 glaubten die US-Strategen, einen direkten Putsch-Ver¬such in Iran wagen zu können. Offiziell wurde diese Aktion als Befreiung der US-Diplomaten ausgegeben, die seit der Bot¬schaftsbesetzung im November 1979 von revolutionären Studen¬ten als Geiseln gefangen gehalten wurden. „Am 25. April 1980 scheiterte dann die amerikanische Aktion zur Befreiung der Gei¬seln, wobei als Begründung technische Mängel und das Fehlen von Staubfiltern an den Hubschraubermotoren angegeben wurde. Dies war nie glaubhaft (…) Beteiligt an dem Unterneh¬men waren nicht nur die Hubschrauber des Flugzeugträgers NIMITZ (…), sondern auch eine Bodenstreitkraft von über 2 000 Exiliranern und Amerikanern, die am 25. April in der Nähe von Teheran bereits Stellung bezogen hatten, sowie zahlreiche Kom-mandoeinheiten innerhalb Teherans, die strategisch wichtige Positionen besetzt, die Botschaft abgeschirmt und anderswo in der Stadt Ablenkungsmanöver geführt hätten (.. .)“  Im Zuge der Vorbereitung dieser Operation hatte die CIA mit Hilfe des ehema¬ligen Schah-Botschafters in den USA und SAVAK-Führers Zahedi und des Schah-Generals Palisban einen Plan ausgearbei¬tet, Ajatollah Chomeini zu ermorden.
Das Scheitern der Intervention in der iranischen Wüste Tabas im April 1980 forcierte die Erkenntnis, dass man die Kontakte innerhalb der in Iran regierenden Kreise intensivieren müsse, um auf diesem Weg eine Beeinflussung der Entwicklung  zu garan¬tieren.

Fortschritte an der „inneren Front“

Es gelang der CIA 1981/82, ihren Kontakt zu Generalmajor Fardust wiederherzustellen, der in den unmittelbaren Wirren kurz vor und nach dem Sturz des Schah abgebrochen war. Während der Pahlevi-Diktatur war der SAVAK-Funktionär Fardust Chef des kaiserlichen Kontroll¬amtes sowie für so genannte „Anti-Terror-Aktivitäten“ des Schah-Geheimdienstes zuständig gewesen. Aus dieser Zeit erklären sich seine Kontakte zum nordamerikanischen Geheimdienst. Nach dem Zusammenbruch des kaiserlichen Herrscherhauses gelang es Fardust, im neuen Geheimdienstes SAWAMA Fuß zu fassen. Regelmäßig versorgte die CIA „ihren Mann“ Fardust mit Informationen über angebli¬che sowjetische Aktivitäten und Agenten im Iran. Diese Opera¬tion hatte zum Ziel, linke und progressiv-nationalistische Aktivitäten auszuschal¬ten, aber auch Spaltungen innerhalb der unterschiedlichen Kräfte des politischen Islam herbeizuführen. So übermittelte die CIA dem SAWAMA über Fardust eine Liste von mehreren hundert Mit¬gliedern der Volks-Fedajin, der Tudeh-Partei, aber auch der Revolutionsmilizen (Pasdaran) sowie Anhängern des regierenden islamischen Kräfte, die angeblich „KGB-Spione“ seien. Unterfüttert wurden diese Listen mit in Langley frisierten „Beweisen“ und „Dokumenten“. Das Ergebnis war eine Verhaftungs- und Repressionswelle, Hinrichtungen und Säuberungen im Iran.
Der CIA war jedoch noch ein weiterer Coup gelun¬gen: die Rekrutierung des ersten Sekretärs der sowjetischen Bot¬schaft in Teheran, der sich 1982 über London in die USA abgesetzt hatte. Die Propaganda-Maschinerie der CIA verbreitete die „Aussagen“ des geflohenen Sowjet-Diplomaten über angebliche sowjetische Geheimoperationen und „KGB-Agenten“ im Iran in der ganzen Welt und heizte auf diese Weise die Verfolgungen, Säuberungen sowie die Repression und Unterdrückung, vor allem jedoch auch das Misstrauen innerhalb der Kreise des politischen Islam,  im Iran weiter an.

Keine harmlosen Geschäftsleute

Da die USA seit der Besetzung der US-Botschaft in Teheran und dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen über keine Botschaft im Iran mehr verfügten, hatte die CIA auch keine diplo¬matischen Institutionen zur Tarnung ihrer Agenten und ihrer Station in der islamischen Republik. Die CIA bediente sich deshalb einer “alten“ Methode, nämlich Agenten als harmlose Geschäfts¬leute getarnt in das Operationsziel zu schicken. Ein Beispiel hier¬für ist Mr. Pattis aus Aiken, South Carolina (USA). Er erhielt einen italienischen Pass auf den Namen „Giovanni Pattis“ und war bei der US-Firma Cosmos Ingineers beschäftigt.
Mit dem Ausbruch des iranisch/irakischen Krieges 1980 erga¬ben sich für die CIA neue Möglichkeiten: eine ungeheuer gestei¬gerte Militär- und Geheimdienst-Präsenz in der Golf-Region. Auch Israel profitierte von diesem Schlachten. Der israelische
Verteidigungsminister Rabin bestätigte dies in einer Rede vor aus¬ländischen Journalisten. „Der Verteidigungsminister hat hinzuge¬fügt, Iran sei Israels bester Freund. ‚Das Chomeini-Regime’, sagte Rabin, ‚wird es nicht immer geben, daher haben wir nicht die Absicht, unsere Haltung gegenüber Teheran zu ändern.’ Der iranisch/irakische Krieg, sagte Rabin, habe ‚die irakische Bedro¬hung von Israel genommen und habe die Front der arabischen Länder gegen Ägypten und den Frieden mit Israel durchbro¬chen’“
Wer Krieg führt, braucht Waffen. Teheran bediente sich in besonderem Maße aus den dunklen Quellen des schwarzen Waffenmarktes, da ihm die offiziellen Wege zum Waffenkauf zunehmend verschlossen oder verkompliziert wurden (auch hier hatte die CIA einen nicht unbedeutenden Einfluss, den dringend notwendigen Waffennachschub in den Iran drastisch zu behindern); die iranische Regierung hatte deshalb ein Netz von Kontak¬ten zu internationalen Waffenhändlern aufgebaut. Viele dieser Waffenhänd¬ler waren früher fest bei der CIA angestellte Agenten und haben nach ihrem Ausscheiden den Kontakt zu ihrem früheren Arbeitge¬ber nie abgebrochen; wieder andere sind über ihren Job in ein Arbeitsverhältnis mit dem amerikanischen Geheimdienst gekom¬men. Als Beispiel für letzteres sei der Chef der internationalen Waffenfirma Interarms, der Brite Samuel Cummings, genannt, der unter anderem Waffen für den CIA-Coup in Guatemala 1954 geliefert hatte. Während des iranisch/irakischen Krieges verfügte er über beste Beziehungen nach Teheran. „Sie (die Waffenhändler, d.Verf.) haben die US-Geheimdienste und ihre Schein-Firmen dabei unterstützt, Rebellen in Nicaragua, Angola und Afghanistan zu beliefern (.. .)“
1980 knüpfte der ehemalige französische Marineflieger und spätere Waffenhändler Bernard Veuillot erste geschäftliche Kontakte nach Teheran. Der französische „Händler des Todes“ war für die CIA ein alter Bekannter.
1981  wurde im Pentagon das „Amt für Sonderoperation“ aus der Taufe gehoben. Es arbeitet eng mit der CIA und dem militäri¬schen Geheimdienst DIA zusammen. Aufgabe dieses Amtes ist die Organisierung direkter oder- zum Beispiel über die Internatio¬nale der Waffenhändler – indirekter Lieferungen von Waffen und anderer militärischer Ausrüstung.
In Kooperation mit dieser Sonder-Abteilung des Pentagon grif¬fen CIA und DIA die Kontakte von Bernard Veuillot auf und bau¬ten sie aus. Über das „Projekt Demavand“ wurden unter anderem in den Iran geliefert: 39 F-4-Flugzeuge, 50 Panzer vom Typ M-48, 25 Kampfhubschrauber, 200 moderne Phoenix-Luft-Raketen zu einem Stückpreis von einer Million Dollar, 12 000 Anti-Panzer-Raketen und anderes militärisches Material. Der Gesamtwert der Lieferungen betrug mehr als zwei Milliarden Dollar.  Für die Abwicklung der Waffenlieferungen gründeten die französischen Waffenhändler Veuillot und Lang in Panama die Gesellschaft Daloa Finance. Organisiert wurde dieses Rüstungsgeschäft unter anderem über Ägypten und die Türkei, finanziert wurde es mittels eines Netzes europäischer Banken.
Die CIA-Ziele hinter diesen Waffenlieferungen waren klar: Der iranisch/irakische Krieg sollte im strategischen Interesse Washingtons und Israels verlängert sowie der CIA die Möglichkeit zum Auf- und Ausbau eines Netzes von Kontakten im Iran verschafft werden.

„Iran-Gate“

Genau das ist auch der Hintergrund für jene Operationen, die monatelang als „Iran-Gate“ durch die Weltpresse gingen. Nach¬dem die Strategie des offenen Umsturzes 1980 in der Wüste von Tabas gescheitert war, konnte die CIA-Politik gegenüber Iran bis 1984 drei Erfolge erzielen:

•  Nach dem Sturz des Schah den Aufbau von Kontakten, insbe¬sondere zu Kreisen innerhalb der regierenden Kräfte des politischen Islam.
•  Kontrollierte Waffenverkäufe an den Iran, um den iranisch/ira¬kischen Krieg zu verlängern;
•  Ausschaltung linker, progressiv-nationalistischer, aber auch anderer revolutionärer Kräfte bis tief in Kreise des politischen Islam hinein, vor allem durch gezielt gestreute Desinformationen;

„Iran-Gate“ sollte vor allem jedoch gezielt jene Kräfte der Islamischen Republik Iran stärken, die nach Ansicht der US-Strategen an einer Verbesserung der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten interessiert waren. Damit wollten die Strategie-Planer in Washington  ihre Karten für einen möglichen Tod Chomeinis neu mischen, wohl wissend, dass dies in jener Zeit angesichts der starken anti-amerikani¬schen Stimmung der iranischen Bevölkerung nur im geheimen geschehen konnte. Beschleunigt wurden die Operationen durch das Problem der US-amerikanischen Geiseln im Libanon, die man mit Hilfe des Iran befreien wollte.
„Israel hatte ein seit langer Zeit bestehendes Interesse an Bezie¬hungen mit dem Iran und an einer Ausweitung seiner Waffenexportindustrie. Waffenverkäufer im Iran konnten beiden Zielen förderlich sein. Sie boten auch eine Möglichkeit, den Iran gegen¬über Israels altem Feind Irak zu stärken (…) Der Iran benötigte dringend, was Israel ihm bieten konnte. Die Vereinigten Staaten waren der Hauptlieferant des Schah gewesen, doch nun waren US-Lieferungen durch das Embargo untersagt. Der Iran brauchte äußerst dringend in den Vereinigten Staaten hergestellte TOW-und HAWK-Raketen, um dem Irak auf den Gebieten, auf denen er die größte Überlegenheit besaß – Panzer und Luftwaffe -, begegnen zu können. Da Israel über solche Waffen in seinen Beständen verfügte, kam es als alternative Nachschubquelle in Betracht. Israel war mehr als bereit, dem Iran diese Waffen zu liefern, allerdings nur, wenn die Vereinigten Staaten die Lieferung billigten und sich bereit erklärten, die Waffen zu ersetzen. Das ira¬nische Interesse an diesen Waffen war in Waffenhändlerkreisen bekannt (.. .).“
Nun traten – in Kooperation – der amerikanische Geheimdienst CIA und der israelische Geheimdienst MOSSAD auf den Plan. Zudem wurde auch Saudi-Arabien über den saudischen Geschäftsmann Adnan Khashoggi („ein Mann mit guten Beziehungen im Mittleren Osten und besonderen Beziehungen zu israelischen Beamten in Schlüsselpositionen“ ) eingeschaltet. Die entscheidenden Kontakte zu Teheran sollte Manucher Ghorbanifar, ein in Frankreich lebender iranischer Geschäftsmann mit guten Beziehungen im Iran, der bereits für den Schah-Geheimdienst SAVAK gearbeitet hatte, entwickeln. Auf israeli¬scher Seite waren es die MOSSAD-Spezialisten und Waffenhänd¬ler Adolph Schwimmer und Jakob Nimrodi. Schwimmer war 1984 auch Berater des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Shimon Peres; Nimrodi gilt als Iran-Kenner, da er von 1961 bis 1975 israelischer Militärattache und zugleich Stationschef des MOS¬SAD in Teheran war.
„Im April 1982 wurde eine Lieferung im Wert von 200 Millio¬nen Dollar für das Chomeini-Land aufgedeckt. Verteidigungsmi¬nister Sharon räumte im US-Fernsehen ‚beschränkte Waffenge¬schäfte mit dem Iran’ ein. Drehscheibe für die heimlichen Geschäftsbeziehungen war Irans Botschaft in der Londoner Victo¬ria Street. Sie diente als Kontaktstelle für den saudischen Multimilliardär Adnan Khashoggi und den iranischen Waffenhändler Manucher Ghorbanifar, einem Intimus des iranischen Minister¬präsidenten Mussawi.“

Die Gespräche intensivieren sich

Seit Januar 1985 fanden verschiedene Gespräche zwischen Ghorbanifar, Schwimmer, Nimrodi und Khashoggi statt, an denen auch zuweilen Amiran Nir, MOSSAD-Mann und seit Sep¬tember 1984 Berater von Israels Ministerpräsident Peres in Fragen der Terrorismusbekämpfung, teilnahm. Die Herren berieten die Möglichkeit, bei den Waffengeschäften „mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“: die amerikanischen Geiseln im Liba¬non frei zu bekommen, den Iran in seinem Krieg gegen den Irak zu stärken (ohne ihn  allerdings gewinnen zu lassen) und über entscheidende Kontakte zu den Regierenden in Teheran Einfluss auf die iranische Innenpolitik nehmen zu kön¬nen. Ghorbanifar signalisierte bei diesen Gesprächen, dass er vom starken Mann Teherans, Rafsandjiani (damals iranischer Parlamentspräsident und bereits damals eine „Schlüsselfigur hinter den Kulissen“), grünes Licht in diese Rich¬tung erhalten hätte. Ghorbanifar, der bereits seit Januar 1980 mit der CIA in Kontakt stand, sandte entsprechende Signale nach Washington. Als Verbindungsglied zwischen Waffenhändlern, CIA und MOSSAD-Kreisen und Rafsandjiani diente der damalige iranische Ministerpräsident (bis 1989) Mir Hossein Mussawi, der heute zum so genannten Oppositionsführer erkoren wurde.
Am 4. oder 5. Mai 1985 reiste der CIA-Mann Michael Ledeen  als Berater des Nationalen Sicherheitsrates, mit Wissen des da¬maligen Reagan-Sicherheitsberaters McFarlane, nach Israel und traf dort mit Ministerpräsident Peres zusammen, um die Möglich¬keiten zu sondieren. Am 3. Juli 1985 traf schließlich David Kimche, Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, in Washington ein, um mit McFarlane weiter zu diskutieren. Im Juli 1985 gab Präsident Reagan dann sein Placet für die geplante und diskutierte Operation. Und dann ging alles sehr schnell:

•  Im August und September 1985 brachten mindestens vier DC-8-Flugzeuge der CIA-Tarnfirma Southern Air Transport ame¬rikanische Waffen aus Israel nach Teheran und Täbris. An Bord befanden sich vor allem Ersatzteile für F-4-Phantom-Flugzeuge, Artillerie-Munition und Raketen;
•  Am 14. September 1985 wurde die US-Geisel Benjamin Weir im Libanon freigelassen;
•  Am 4. Dezember trat Sicherheitsberater McFarlane zurück. Doch zwei Tage später reiste er nach London, um sich im Haus von Nimrodi mit der iranisch-israelischen Vermittlergruppe zu treffen und den Fortgang der Kontakte zu besprechen;
•  Im Februar 1986 ging eine US-Waffenladung über Israel in den Iran. Am 28. Mai flogen McFarlane, der Mitarbeiter des Nationa¬len Sicherheitsrates, Oliver North, und der fließend persisch spre¬chende CIA-Agent George Cave mit einer CIA-Maschine der Southern Air Transport nach Teheran zu direkten Diskussionen, das Flugzeug voller Waffen. Dort konferierten sie mit Rafsandjiani, mit dessen Vertrauten Ajatollah Hassan Karubi, mit dem Chef der Revolutionsmilizen „Pasdaran“, Mohsen Rezaii, und dem Sohn von Chomeini, Ahmad;
•  Am 26. Juli 1986 wurde eine weitere US-Geisel, Lawrence Jenco, freigelassen. Sofort schickte Israel im August eine weitere US-Waffenlieferung in den Iran;
•  Anfang September begaben sich McFarlane, North und der CIA-Mann Cave ein zweites Mal in den Iran, um die Geschäfte weiterzuführen.
Insgesamt wurden im Zuge von „Iran-Gate“ mindestens 2008 TOW-Panzer-Abwehr-Raketen sowie Ersatzteile und Luft-Ab¬wehr-Raketen für 235 HAWK-Systeme, Artillerie-Munition, Flug¬zeug-Ersatzteile und anderes militärisches High-Tech an den Iran geliefert.
Obwohl die Medien „Iran-Gate“ zumeist als großes Desaster darstellten, zeigen die Ergebnisse dennoch einen wichtigen Ein¬schnitt im Sinne der US- und CIA-Strategie gegenüber dem Iran.
Es war der CIA gelungen, bis in höchste Kreise der Regierenden in Teheran vorzustoßen, und dies mit Genehmigung des irani¬schen Parlamentspräsidenten Rafsandjiani. Daher wird es auch verständlich, dass die US-amerikanisch/iranischen Kontakte noch fortgesetzt wurden, als der Skandal um „Iran-Gate“ längst die Seiten der US-Presse füllte. Der damalige US-Außenminister Shultz bestätigte ein Treffen mit iranischen Abgesandten am 13. Dezember 1986 im „Park Hotel“ in Frankfurt/Main .

Am 8. Juli 1985 hatten sich in Hamburg der Vertraute Rafsandjianis Mehdi Karubi, Ghorbanifar, David Kimche, Jacob Nimrodi, Adolph Schwimmer und der CIA-Agent George Cave getroffen.  Fortgesetzt wurden die Diskussionen im Herbst 1985 während eines Treffens zwischen Ajatollah Karubi und dem CIA-Mann und Berater des Nationalen Sicherheitsrates, Michael Ledeen.  Im Frühjahr und Sommer 1986 übergab Karubi – angeblich im Auftrag von Rafsandjiani – der versammelten CIA-und MOSSAD-Mannschaft ein Papier, in dem alle jene aufgeführt wurden, die im Iran zum Machtkreis Rafsandjianis gehören. Es wurde offen darüber disku¬tiert, dass ein Tod Ayatollah Chomeinis den Interessen Rafsand¬jianis entgegenkäme, im Iran die absolute Macht zu übernehmen und alle Konkurrenten auszuschalten. Dies würde dann die Basis für engere und direktere Kontakte mit den USA bilden. „Er (Karubi, d. Verf.) sagte (…), dass er zu einer politischen Fraktion im Iran gehöre, die daran glaube, dass der Iran Hilfe für seinen Krieg mit dem Irak benötige und dass die Vereinigten Staaten weniger teuflisch als die Sowjetunion seien.“  Die Versammelten besprachen die Möglichkeit, Chomeini umzubringen. Ein mit Sprengstoff präparierter Aktenkoffer, der ihm übergeben werden sollte, war bereits vorbereitet. Karubi betonte jedoch mehrfach, dass das Attentat entweder wie ein Anschlag der oppositionel¬len Volksmodjiahedin oder aber wie ein Unfall aussehen müsse.  Die weltweiten Veröffentlichungen und Enthüllung über „Iran-Gate“ und seine Hintermänner verhinder¬ten wohl diesen Plan.
Die iranischen CIA-Einflussagenten bedankten sich bei ihren neuen Freunden in Langley für deren Engagement durch eine geheime Vereinbarung, dass die Offenlegung amerikani¬scher Geheimdienstarbeit im Nahen und Mittleren Osten verhin¬dern sollte. Das betraf insbesondere jene Informationen, die der in Libanon entführte und in seiner Gefangenschaft verstorbene Sta¬tionschef der CIA-Botschaft in Beirut, Buckley, seinen Haftnehmern offenbart hatte. Das Manuskript hierüber soll über vierhundert Seiten betragen.
„Nach Meinung von Rafsandjiani habe es der US-Präsident mit seinem Entschluss zur Wiederherstellung der Beziehungen mit dem Iran ernst und ehrlich gemeint. Reagan habe erkannt, dass es im Interesse der USA sei, die Beziehung mit der islamischen Republik nicht abgebrochen zu haben.“
„Casey war beeindruckt, dass es gelungen war, neue geheime Kontakte zum Iran herzustellen. Einer davon war der Neffe des iranischen Parlamentspräsidenten Rafsandjiani, der andere war der Geheimdienstchef der Revolutionswächter in den Amtsräu¬men des Ministerpräsidenten (.. .).“
Zur Übermittlung von „Top-Secret“-Nachrichten an die CIA und den Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates, North, benutzten die genannten eine geheime Fernmeldeeinrichtung israelischer Herkunft.
In Kooperation mit der CIA wurden einst stillgelegte ehe¬malige Spionageeinrichtungen der USA im Iran entlang der Grenze zur Sowjetunion im Norden des Landes wieder in Betrieb genommen.

Die USA an einer Verlängerung des Golfkrieges interessiert

 
Wie sehr die CIA an einer Verlängerung des Golf-Krieges zwischen dem Iran und dem Irak inter¬essiert war, belegt die Tatsache, dass sie beiden Seiten präparierte sowie manipulierte Informationen über die jeweilige Gegenseite lieferte, mit dem eindeutigen Ziel, das Kriegsgeschehen zu beeinflussen und beide Seiten von einer Beendigung abzuhalten.
Aus den publizistischen Scherben von „Iran-Gate“ schält sich also mit anderen Worten ein eindeutiges Fazit heraus: Trotz aller Widersprüche, trotz des Rückschlages der Veröffentlichung, trotz mancher Widerstände in den USA und vor allem auch im Iran gegen den Deal, trotz der anhaltenden anti-iranischen Rhetorik in Washing¬ton und der starken anti-amerikanischen Propaganda wie auch Stimmung in der iranischen Bevölkerung und revolutionären Kräften des politischen Islam – der CIA war es gelungen, in den Jahren nach dem Sturz des Schah im Iran wieder einen begrenzten und daher nicht widerspruchsfreien Einfluss zu gewinnen, Kontakte und Netzwerke auf- und auszubauen – bis in höchste Kreise hinein.
Diese Kontakte sollten sich nicht nur bei der Unterstützung der so genannten Mudjahedin in Afghanistan und später beim Sturz der Taliban in Kabul bewähren, sie wurden zunächst sogar hinsichtlich der Strategie Washingtons, die irakische Regierung unter Saddam Hussein zu stürzen und ein pro-amerikanisches Regime in Bagdad zu errichten, noch intensiviert. Eine Schlüsselrolle spielten dabei sowohl der irakische Exil-Politiker und CIA-Agent Ahmed Chalabi als auch der irakische Kurdenführer Talebani, der ebenfalls schon seit Jahrzehnten beste Beziehungen nach Washington pflegte. 
Einen neuen Boom erreichten die nordamerikanisch/iranischen Annäherungen, als Mohammad Chatami 1997 Kandidat zur Präsidentschaft und schließlich gewählter Präsident der Islamischen Republik Iran wurde. Unter ihm kamen zunächst jene politischen Kräfte in Teheran an die Öffentlichkeit, die für eine enge Kooperation mit den USA auf allen strategischen Ebenen eintraten (und auch heute noch eintreten), jedoch von den USA eine endgültige Akzeptanz der Grundlagen des politisches Systems im Iran „als Gegenzug“ einforderten. Vor Chatami waren sie noch vielfach gezwungen gewesen, aus dem Hintergrund heraus verdeckt zu arbeiten.

Das Blatt wendet sich

Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden in den USA jedoch jene Kräfte in den USA dominant, die – nicht nur im Iran – auf grundlegenden Systemwechsel orientieren, jede flexiblere Form der Diversion gerade in der Region des Nahen und Mittlern Ostens vehement ablehnten. Die „Achse des Bösen“ und der „internationale Kampf gegen den Terrorismus“ wurden geboren. Da gab es dann keinen Raum mehr für Flexibilität und Kompromisse (erst gegen Ende der Bush-Administration wurde diese „harte Linie“ durch mehr operationelle Flexibilität ergänzt, was es den neuen Präsidenten Obama ermöglicht, an diese Linie anzuknüpfen und diese sogar auszubauen, ohne die „harte Linie“ aus einer Mischung von Sabotage, ökonomischem Krieg oder militärischen Aggressionsvorbereitung in Richtung prinzipiellem „regime change“ zu vernachlässigen). Erste Konsequenz nach dem 11. September: „Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihre informellen Kontakte zur iranischen Führung abgebrochen und arbeitet nun auf den Sturz des Regimes in Teheran durch einen Aufstand im Inneren hin. Das berichtet die Tageszeitung ‚Washington Post’ in ihrer Sonntagsausgabe.“
Diesen Umschwung hat der gut informierte Hintergrundinformationsdienst „Janes Intelligence Digest“ im Juli 2003 sehr anschaulich beschrieben: „Die Spannung zwischen dem Iran und den USA verschärft sich. Die Sackgasse, die seit Präsident Bush die Islamische Republik als Teil der ‚Achse des Bösen‘ gebrandmarkt hat, existiert, verändert sich langsam zu einer großen Krise und die Falken in Washington intensivieren ihren Ruf nach einem Regimewechsel in Iran. (…) In den vergangen Wochen hat sich die US-Administration aus geheimen Gesprächen mit hohen iranischen Offiziellen zurückgezogen. Die iranische Zusammenarbeit gegen Al-Qaida wird jetzt als ‚ungenügend’ beschrieben und der Druck bezüglich des iranischen Atomprogramms wurde erheblich verstärkt. (…) Es besteht bereits ein breiter Konsens innerhalb der Bush-Administration, dass das derzeitige Regime in Teheran verändert werden muss, es gibt jedoch noch signifikante Differenzen darüber, wie dies geschehen soll. Neokonservative in Pentagon und im Weißen Haus drücken in Richtung konkreter Maßnahmen, einschließlich des Einsatzes von militärischen Mitteln, während Beamte im Außenministerium an dem Versuch eines diplomatischen Wegs festhalten. (…) Obwohl die Bush-Administration unmittelbare Maßnahmen gegen den Iran aufgeschoben hat, intensiviert Washington bereits den nicht-militärischen Druck. (…) Wie vorherzusehen, bleiben die Neokonservativen höchst skeptisch hinsichtlich der Effizienz von Diplomatie bei der Begegnung der Bedrohung, die ihnen zufolge von Teheran für den internationalen Frieden und die Sicherheit ausgeht. (…) Was die Neokonservativen angeht, so gibt es keine wirklich wirksame Alternative als die Anwendung von Gewalt.“
„Die Mullahs streben nach einer Bombe. Unsere allgemein akzeptierte Idee ist, sie daran zu hindern. (…) Auf Basis unserer derzeitigen Informationen ist es klar, dass wir nicht in der Lage sind, sie zu stoppen, indem wir ihre Atomanlagen bombardieren. (…) Wie dem auch sei, dass Problem im Iran ist wesentlich größer als das der Waffen. Das Problem ist das terroristische Regime, das nach diesen Waffen trachtet. Dieses Regime muss weg! Dies ist nicht nur die Meinung der Autoren dieses Buches. Es ist die Meinung der überwiegenden Mehrheit der iranischen Bevölkerung. Seit 1999 haben sich die Straßen im Iran mit immer größer werdenden Demonstrationen von Studenten, Arbeitern und ganz normalen Menschen gefüllt, die die Freiheit wollen, Fernsehen zu schauen, Lippenstifte zu benutzen, die Kleidung ihrer Wahl zu tragen, die Arbeit und andere Lebensmöglichkeiten, vor allem jedoch eine Regierung ihrer Wahl, wollen. (…) Sie Riefen Parolen wie: ‚Tod den Taliban in Kabul und Teheran!’ Und sie schwenkten amerikanische Fahnen… (…) Die iranischen Dissidenten des Jahres 2003 benötigen von uns die gleichen Dinge die die polnischen Dissidenten in den 80er Jahren brauchten. Sie benötigen Kommunikationseinrichtungen, damit die Dissidenten akkurate Informationen aus dem Land herausschicken, aber auch Informationen in das Land hineinholen können. Sie benötigen Geld, um die Familien von streikenden Arbeitern zu unterstützen. Sie brauchen Computer und Drucker, um ihre Pamphlete veröffentlichen  und Mails austauschen zu können. Sie benötigen das Wissen westlicher Regierungen um ihre Namen und deren Sorge um ihr Schicksal, damit die iranische Regierung versteht, dass sie zur Verantwortung gezogen wird, falls sie sie verschwinden lassen.“  Die von Perle eingeforderte logistische und materielle Unterstützung für oppositionelle Kräfte im Iran war bereits angelaufen, als sein Buch noch nicht gedruckt war.

Für ein pro-amerikanisches Regime in Teheran

Es gab sie bereits in diesen Tagen im Iran jene politischen Kräfte, die für ein pro-amerikanisches Regime in Teheran eintreten, sie bildeten (bilden) jedoch nicht die Mehrheit des Volkes, sondern lediglich ein, wenn auch starkes, Segment der Gesellschaft, vor allem unter den Intellektuellen sowie den oberen, ökonomisch einflussreichen Schichten des Landes.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein Interview des „Spiegel“ mit einem iranischen Studentenführer aus dem Jahr 2003: „’Wir überwinden unsere Angst’. Der Mitbegründer der Studentenbewegung, Heschmatollah Tabarsadi, über die Unruhen, den Einfluss der USA auf die Reformer und die Zukunft des Mullah-Staates. (…) SPIEGEL: Mit Ihrem Aufstand haben Sie sogar bei US-Präsident George W. Bush Begeisterung geweckt. Freuen Sie sich über die Solidaritätsadressen des ‚Großen Satans’ im Weißen Haus?  Tabarsadi: Ich kann dieses Gerede vom ‚Großen Satan’ nicht mehr hören. Das iranische Volk verteufelt die USA nicht. Wir betrachten die Amerikaner und auch die US-Regierung als Freund. Und über Unterstützung und Anerkennung von Freunden freut man sich. SPIEGEL: Das Präsidentenlob für Ihre Aktionen ist verbunden mit scharfen Angriffen auf das Atomprogramm Teherans. Hilft dieser Druck von außen Ihrer Bewegung? Tabarsadi: Als friedliebendes Volks brauchen wir keine Nuklearwaffen. Darüber hinaus begrüßen wir jede Art von Druck auf das Regime, auch aus Europa. (…) Auch wirtschaftliche Sanktionen, selbst wenn wir jetzt darunter leiden, sind letztlich in unserem Sinne. (…) In der Außenpolitik setzen wir auf freundschaftliche Beziehungen zu allen Staaten, insbesondere zu den USA (…).“
Eine weitere Schüsselfigur ist der im irakischen Exil lebende Enkel Ajatollah Chomeinis, Hossein Chomeini, über ihn und seinen immer noch im Iran zugkräftigen Namen, erhoffen sich die Strategen in Washington Schlüsselkontakte innerhalb der offiziellen Strukturen der Islamischen Republik Iran, vor allem ihrer Sicherheitsorgane, der Revolutionsmiliz („Pasdaran“) und Armee aufbauen zu können, die den angestrebten „Regimewechsel“ im Iran unterstützen, absichern, zumindest jedoch tolerieren würden. Zu diesem Zweck wurde der von der CIA kontrollierte Chomeini-Enkel, der den US-Aggressionskrieg gegen den Irak offen und lauthals unterstützt, vom nordamerikanischen Geheimdienst mit Geld, modernster Kommunikationsausrüstung sowie anderer Logistik ausgestattet. 
Logistisch und materiell von der CIA unterstützt wurden auch die vor allem in den USA ansässigen iranischen Monarchisten und besonders die Strukturen des Schah-Sohnes. Dies gilt insbesondere für Fernsehsender, dessen technische Kapazitäten mit Hilfe modernster Satellitentechnik dermaßen „aufgeblasen“ werden, dass die pro-amerikanische „Regimewechsel“-Propaganda auch im Iran zu empfangen ist.
Gleichzeitig begannen Washington und ihr CIA damit, analog ihrer Strategie vor dem Aggressionskrieg gegen den Irak, die zersplitterte iranische Exil-Opposition zusammenzubringen, um nach Möglichkeit eine gemeinsame politische Plattform zu bilden, die als politische Alternative zu den derzeit im Iran Herrschenden international angesehen und verankert werden kann als Vorstufe zum „Regimewechsel“. Im Rahmen dieser Strategie baute der nordamerikanische Geheimdienst CIA, auch mit Unterstützung seines Partners in Israel, dem MOSSAD, auch auf die Rolle vorgeblich „linker“ Organisationen wie der Gruppe „Rahe Kargar“ („Weg der Arbeiter“), der so genannten „Arbeiterkommunistischen Partei des Iran“ , der Gruppe „Komeleh“ oder der „Organisation der Volksfedajin (Mehrheit)“.
Nicht zu vergessen sind dabei auch die 3000 bis 5000 im Irak stationierten Anhänger der Volksmodjiahedin, die mit allen Mitteln das iranische Regierungssystem stürzen wollen. Sie verfügen um eine gut ausgebildete militärische Truppe. Nach der Besetzung des Irak durch die USA wurden die Lager der Volksmodjiahedin von den Okkupanten nicht aufgelöst. Ihre militärisch erfahrendsten Kader werden inzwischen von der CIA für aktive terroristische Destabilisierungsoperationen im Iran genutzt.

Terroristische Optionen offen halten

Dem nordamerikanischen Geheimdienst, aber auch dem MOSSAD, stehen für terroristische Destabilisierungsoperationen im Iran – neben lokal operierenden Banden aus Schmugglern und Drogenhändlern, die zumeist aus Pakistan, Aserbaidschan oder auch der Türkei in das Land einsickern – noch folgende Organisationen zur Verfügung:

1)    „Jundallah“ – eine Organisation, die unter der Maske wahabitisch-islamististischer Parolen und Sprache à la Al-Quaida auftritt und von Pakistan in der Iran einsickert. Hinter dieser Organisation steht jedoch der nordamerikanische Geheimdienst CIA, der über sein Netzwerk in Pakistan, das Elemente des pakistanischen militärischen Geheimdienstes ISI mit einschließt, „Jundallah“ trainiert und ausrüstet. Diese Truppe hat seit Beginn dieses Jahres ihre Anschläge im Iran intensiviert, vor allem im Vorfeld der vor kurzem abgehaltenen Präsidentschaftswahlen. Das diese Organisation keine Fiktion ist, mussten sogar westliche Medien vermelden, die verschiedentlich über solche Anschläge berichten mussten ;
2)    „PJAK“ – eine kurdische Organisation ganz offensichtlich mit engen Verbindungen zur kurdisch-türkischen Organisation PKK. „PJAK“ kooperiert auf das engste mit der CIA, aber auch mit dem bundesdeutschen BND; der Vorsitzende dieser Organisation lebt in Köln, reist jedoch regelmäßig in die USA und in den kurdischen Teil des Irak. Die logistische Unterstützung für PJAK vor allem an Waffen und Kommunikationstechnik sowie Ausbildungsprogramme werden von der CIA, aber auch dem MOSSAD, vor allem über das kurdische Gebiet im Irak abgewickelt. Dies geschieht mit Duldung, Wissen und Abdeckung des irakischen Präsidenten Talebani sowie dem irakischen Kurdenführer Barzani. Beide sind seit Jahren in engster Zusammenarbeit mit den USA sowie der CIA und lassen zudem den israelischen Geheimdienst MOSSAD in dem von ihnen kontrollierte Gebiet freie Hand, vor allem auch für Aktionen gegen den Iran;
3)    Kleine monarchistische Grüppchen von Schah-Anhängern, die unter wechselnden Namen aktiv wurden, vor allem kurz vor und nach den Wahlen während der Demonstrationen, die von der so genannten Opposition organisiert wurden. Sie wie auch von der CIA gesteuerte Kader der „Volksmodjahedin“ heizten diese Demonstrationen gezielt an, organisierten gewaltsame Angriffe auf Polizisten, Einrichtungen der Freiwilligenmiliz Bassidj oder staatliche Institutionen. Eine perfide Methode war es, in Uniformen der Bassidj mit Waffen gegen Demonstranten vorzugehen. Es wurden mehrere dieser Provokateure (samt Waffen und Kommunikationseinrichtungen) verhaftet. In diesem Zusammenhang wird wohl auch der von den westlichen Medien hochgeputschte und der iranischen Regierung angelastete Mord an der Studentin Neda zu werten sein. Zunächst einmal wurde bei diesem Anschlag ein Waffentyp verwendet, der nicht zur Ausrüstung der iranischen Sicherheitskräfte gehört. Selbst der US-amerikanische Fernsehsender CNN berichtete – wenn auch nur kurz – am 28. Juni, dass im iranischen Fernsehen zwei Zeugen des Vorfalls ausgesagt hätten, dass zum Zeitpunkt des Anschlages keine iranischen Sicherheitskräfte auch nur in der Nähe von Neda gewesen seien. Für die Behauptung, Neda sei von einem Basidj-Freiwilligen erschossen worden, gibt es – auch in den westlichen Medien – bisher nur einen einzigen Zeugen, der allerdings inzwischen zugeben musste, dass er dies nur vom Hörensagen erfahren habe. Es ist der Arzt Arash Hejazi, der in England lebt und, wie Wunder, wie viele andere Zehntausende Exil-Iraner zum Zeitpunkt der Wahlen im Iran waren… Gerade die britische BBC, die täglich ein persisch-sprachiges Programm in den Iran sendet, machte jedoch, ohne auf diese Fakten einzugehen, aus dem Mord an Neda eine Propagandaschlacht gegen den Iran. Es ist ganz offensichtlich, nicht nur im Krieg, sondern auch bei Umsturzversuchen, ist die Wahrheit das erste Opfer…

Die Situation eskaliert kurz vor und nach den Wahlen

Die Präsidentenwahlen sollten zu einem Wendepunkt werden. Schon bereits Wochen vor dem eigentlichen Wahltag wurde deutlich, wer für die westlichen Medien sowie  die führenden politischen Kreise in Europa wie auch die USA der Wunschsieger sein sollte: der so genannte Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi. Als dann eintrat, was nicht eintreten sollte und Mahmoud Ahmadinedjad die Wahlen haushoch gewann, begann die Propagandaschlacht, die Foul und Wahlfälschung rief. Wir wollen an dieser Stelle nicht auf die vielen Aspekte eingehen, die die westliche Propaganda und ihrer Freunde von der so genannten iranischen Opposition mehr als in Frage stellen. Bei kühlem, logischen Gedanken ist ein so massiver Vorsprung wie 11 Millionen Stimmen schon logistisch kaum fälschbar, ohne das eindeutige Beweise hierfür nach außen sickern würden.
Dennoch: Mussawi erklärte sich noch vor dem Ende der Auszählung zum Sieger und schon bald kursierte ein angebliches Dokument als Originalkopie im Iran, dass diese Aussage bestätigen sollte.  Pech nur, dass es sich bei diesem Dokument um eine ziemlich professionelle CIA-Fälschung handelt, die im Land auf unterschiedliche Art und Weise verbreitet wurde.
Und überhaupt: mit den Wahlen und den Protesten danach eskalierte eine Entwicklung, die in den letzten drei, vier Jahren ganz systematisch vorbereitet worden war. Schon unter dem ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush waren rund 400 (!) Millionen US-Dollar für die unterschiedlichsten Programme zur Destabilisierung der Islamischen Republik Iran ausgegeben worden; diese Programme wurden von seinem Nachfolger Barak Obama nicht gestoppt – im Gegenteil, dieser vorgebliche Hoffnungsträger machte noch in diesem Jahr weitere Dollars locker, no change. So erhöhte der neue US-Präsident entsprechende Budgets für die Organisationen „U.S. Agency for International Development (USAID)“ und die „Rear Eastern Regional Democracy Initiative“ um 20 bzw. 15 Millionen US Dollar. Beide Organisationen können als von der CIA beeinflusst und genutzt angesehen werden.
Sicherlich ging und geht (unter Bush damals wie heute unter Obama – die Kontinuität lässt grüßen…) ein großes Stück des finanziellen Kuchens an die traditionellen iranischen Exil-Organisationen, von Monarchisten bis hin zu angeblichen „Linken“ und dennoch hat sich in den letzten Jahren eine Veränderung herausgeschält. Inzwischen wird ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Unterstützung über jungen, gut ausgebildeten intellektuellen Iranern ausgeschüttet, die in zweiter oder Dritter Generation in Europa oder den USA bzw. Kanada leben und keiner der traditionellen Exilparteien angehören. Diese Kreise sind jedoch sehr gut vernetzt und verfügen über teilweise ausgezeichnete Kontakte in den Iran, halten sich auch regelmäßig dort auf. Für sie waren in den letzten Jahren eine Reihe von Unterstützungsprogramme über Organisationen wie die „National Endowment for Democracy“, das „Woodrow Wilson Center“, „Iran  Heritage Foundation“, PARSA Community Foundation“, National Iranian Amewrican Council“, „Foundation for Democracy in Iran“, Committee on Present Danger“, „Freedom House“ oder das „Open Society Institute (Soros)“ entwickelt worden, wobei sich die Urheber auf Erfahrungen der sogenannten „orangenen (Konter)Revolutionen“ in Europa stützten. Damit gelang es zudem, eine nicht geringe Zahl dieser im Ausland lebenden Iraner geheimdienstlich anzubinden, zu nutzen und/oder zu beeinflussen. Das erklärt, warum in den letzten Monaten mehrere Iraner, die in den USA leben (die nordamerikanische wie iranische Staatsbürgerschaft besitzen), sich aber zum Teil für einen längeren Zeitraum im Iran aufgehalten hatten, unter den nachgewiesenen Vorwürfen, im Auftrag dieser Institutionen oppositionelle Strukturen zur Vorbereitung einer „orangenen Revolution“ aufgebaut zu haben, verhaftet und verhört wurden; viele von ihnen wurden wenig später entlassen und abgeschoben.  Von westlichen Medien und politischen Institutionen wird dies in der Regel „Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen“ genannt. Unterstützt wird die CIA dabei von befreundeten Diensten wie den bundesdeutschen BND, den britischen MI6, den französischen, holländischen oder norwegischen Geheimdienst unterstützt. Für Sonderoperationen stellt der BND MOSSAD-Agenten bundesdeutsche Originalpässe für Tarnidentitäten aus.
Besonderer Schwerpunkt in den Monaten vor der Wahl war der Aufbau alternativer und sicherer Kommunikationsstrukturen im Iran. Hierfür wurde die entsprechende Technologie geliefert und das notwendige Personal hierfür trainiert. Als Abdeckung hierfür dient in den USA das so genannte „International Broadcasting Bureau“ (in deren Führungsgremium US-Außenministerin Hillary Clinton sitzt). Im Auftrag dieser Organisation wurde ein sicheres Programm (The Onion Router/ONR) entwickelt und im Iran verbreitet, das es den Usern dort erlaubt, unter Wahrung ihrer Identität und in relativer Sicherheit von Hackern untereinander und mit dem Ausland zu kommunizieren bzw. sich mit Facebook und Twitter zu vernetzen. Wir erinnern uns: diese Quellen waren dann die Basis für die tägliche Berichterstattung über die Aktivitäten der so genannten Opposition kurz nach der Wahl. Der Kreis schließt sich, wieder einmal…

Am Gängelband westlicher Strategen und Dienste

In den westlichen Medien wird die so genannte iranische Opposition um die beiden Gegenkandidaten zu Präsident Ahmadinedjad beschrieben: Mir Hussein Mussawi, Ajatollah Karubi sowie Mohsen Rezai. Alle drei Kandidaten haben wir schon im Zusammenhang mit „Iran-Gate“ als eng verbündet mit westlichen Strategen und Geheimdiensten, aber auch dem zionistischen MOSSAD kennengelernt. Schauen wir uns die miteinander verknüpften Netzwerke dieser drei Kandidaten noch genauer an, so kann man ohne Übertreibung behaupten, dass alle drei Kandidaten am Gängelband westlicher Geheimdienste und Politikstrategen hängen:

1)    Mir Hussein Moussawi
Die direkten Verbindungen zu politischen, medialen und geheimdienstlichen Kreisen in die USA laufen zum Teil über seine Frau Sahra Rahnaward oder den prominenten iranischen Filmemacher Mohsen Makhmalibaf. Der ehemalige „Genscher-Vertraute“ Sadegh Tabatabai hält entsprechende Kontakte in die Bundesrepublik, alte Kanäle nutzend;
2)    Mohsen Rezai ist ein Mann der USA. Die direkten Drähte zur CIA laufen über seinen Sohn Ahmad Rezai, der jahrelang in den USA gelebt und sich dort als Oppositioneller geriert hatte. Er war vor etwa zwei Jahren in den Iran zurückgekehrt und dort als Einflussagent der CIA und Kontakt zu seinem Vater tätig. Zuletzt war Ahmad Rezai beim so genannten Expertenrat (Vorsitzender ist der uns schon bekannte Herr Rafsandjani!), wo er internste Dokumente und Informationen abschöpfte und an seine CIA-Führungsoffiziere ablieferte. Ihm und seinem Vater war zudem ein weiterer Coup gelungen: die Rekrutierung des Pasdaran (Revolutionsmiliz)-Generals Ali Reza Ashgari für die CIA, der schließlich Ende 2007 über Dubai in die USA ausgeschleust wurde. Dank diesem Überläufer ist es der CIA gelungen, internste Informationen aus den Pasdaran zu bekommen, deren ehemaliger Oberkommandierender Mohsen Rezai schließlich einmal war. Damit ist dieser einer der Aktivposten der CIA, um Informationen aus den Sicherheitskräften  der Islamischen Republik Iran zu erhalten;
3)    Ajatollah Mehdi Karubi ist ebenfalls als „Iran-Gate“-Zeiten ein alter bekannter der CIA, der inzwischen über seinen so genannten Beraterkreis auch enge Beziehungen zu politischen Strategen und Geheimdienstkreisen in Großbritannien hält.
Auch der ehemalige Botschafter des Iran und frühere Atomunterhändler des Iran Hussein Mussawian ist im Umfeld der sogenannten iranischen Opposition, auch Reformer genannt, zu finden. Er ist ein langjähriger Aktivposten des bundesdeutschen Auslandsgeheimdienstes BND, war 2007 im Iran bereits einmal unter Verdacht, inhaftiert und nach Interventionen des mächtigen Mannes im Hintergrund Rafsandjani wieder freigelassen worden.
Hinter all diesen oppositionellen Netzwerken steht der starke Mann im Hintergrund, der Vorsitzende des so genannten Expertenrates, Hashemi Rafsandjani. Dieser Mann hat seit dem Sieg der iranischen Revolution durchgängig Schlüsselpositionen inne, die er ausnutzt, um seine persönliche und ökonomische Macht auszubauen. Er gilt als reichster Mann des Iran und steht daher, ganz konsequent, für die Durchsetzung eines Turbokapitalismus und eine scheunentorartige Öffnung zum Westen. Deshalb hat er von Anfang an auf geheimen Wegen Kontakte zu westlichen Strategen und ihren Geheimdiensten aufgebaut; das konnten wir ja schon im Zusammenhang mit „Iran-Gate“ belegen. Heute dienen sein Sohn Mohsen als Schlüsselperson für seine Kontakte in den USA und seine Tochter Faiseh unterhält entsprechende Netzwerke nach Großbritannien und Frankreich. Sie scheut sich auch nicht mit monarchistischen Kreisen zusammenzuarbeiten; so veröffentlichte sie in ihrer Frauenzeitung „San“ sogar einen Neujahresgruß der Frau des gestürzten Schah, Farah Diba, was wohl nicht anders als eine Homage an das vom iranischen Volk in seiner Revolution auf dem Müllhaufen der Geschichte geworfene faschistische Schah-Regime gewertet werden kann. San ist eine jener pro-westlichen Sumpfblüten, die unter dem im Westen umjubelten ehemaligen Präsidenten Mohammad Chatami entstanden war.
Obwohl wir hier aus Platzgründen nur einiges anreißen und aufzeigen konnten, erscheinen die westlichen politischen, ökonomischen und geheimdienstlichen Interventionen wie eine unendliche Geschichte. Die nächsten Wochen werden zeigen, mit welchen Methoden sie weitergehen werden und ob ein israelischer Angriff mit nordamerikanischer Unterstützung auf den Iran zu Obamas großen Krieg werden wird. Wir werden weiter berichten (müssen)…

Quelle: Offensiv 04/09

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