Regimewechsel in der russischen Föderation? Warum Washington das ‘Finito’ mit Vladimir Putin anstrebt

by F. William Engdahl

Global Research, February 8, 2012

Washington strebt ohne Zweifel das ‚finito‘ mit Russlands Putin an, oder wie sie letztes Frühjahr im Falle Ägypten sagten, Kefaya – genug! Hillary Clinton und ihre Freunde haben offensichtlich entschieden, Russlands aussichtsreicher nächster Präsident, Vladimir Putin, ist ein wesentliches Hindernis in ihren Plänen. Wenige verstehen jedoch warum. Zusammen mit China, und zu einem erheblichen Teil dem Iran, bildet das heutige Russland das Rückgrat, egal wie wackelig auch immer, der einzigen globalen Achse des Widerstandes gegen eine von einer Supermacht dominierten Welt.

Am 8. Dezember 2011, wenige Tage, nachdem die Wahlergebnisse von Russlands Parlamentswahlen bekannt gemacht worden waren und einen starken Rückgang in der Popularität der Partei Vereinigtes Russland von Putin deutlich machten, bezichtigte Putin die Vereinigten Staaten und besonders dessen Außenministerin Hillary Clinton, Protestierende der russischen Opposition sowie ihre Wahlproteste anzufachen. Putin sagte, „Die Außenministerin war schnell im Evaluieren der Wahlen und behauptete, sie seien unfair und ungerecht, noch bevor sie entsprechende Unterlagen von Wahlbeobachtern des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte erhalten hatte.“[1]

Putin fuhr mit der Behauptung fort, Clintons vorschnelle Kommentare seien das Signal für die wartenden Oppositionsgruppen gewesen, dass die US Regierung ihre Proteste unterstützen würde. Der mit allen Wassern gewaschene Geheimdienstprofi behauptete, Clintons Kommentare seien „zu einem Signal für unsere Aktivisten geworden, die eine aktive Zusammenarbeit mit dem US Außenministerium begonnen hätten.“ [2]

Die n westlichen Massenmedien entschieden sich, die Äußerungen Putins entweder herunterzuspielen oder sich nahezu vollständig auf die Wiedergabe der Behauptungen einer sich formierenden russischen Oppositionsbewegung zu konzentrieren. Etwas Nachforschung zeigt, dass Putin, wenn überhaupt etwas, dann das Ausmaß der schamlosen Einmischung der US Regierung in die politischen Prozesse seines Landes herunterspielte. In diesem Falle handelt es sich nicht um ein Land wie Tunesien, dem Jemen oder Ägypten. Es ist die zweite nukleare Supermacht, selbst wenn es wirtschaftlich noch eine weniger bedeutende Macht ist. Hillary spielt mit thermonuklearem Feuer.

Demokratie oder etwas Anderes?

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, Putin ist kein Weltmeister im Praktizieren von dem, was die Meisten unter Demokratie verstehen. Seine Ankündigung vor einigen Monaten, er und der amtierende Präsident Medvedev seien übereingekommen, nach der Präsidentenwahl am 4. März ihre Ämter zu tauschen, ist selbst von vielen Russen als krasse Machtpolitik und Hinterzimmerkungelei empfunden worden. Dies gesagt, so ist die Einmischung Washingtons in diesen Regimewechsel mehr als schamlos und interventionistisch. Dieselbe Regierung Obama, die soeben Maßnahmen als Gesetz verabschiedet hat, die für amerikanische Bürger die Bill of Rights der amerikanischen Verfassung in Stücke gerissen hat,[3] tritt als Oberrichter der Welt auf in Bezug auf das Einhalten von Demokratie, wie diese von anderen definiert wird.

Untersuchen wir näher Putins Beschuldigung der Einmischung der USA in den Wahlvorgang. Bei einer genaueren Nachforschung stellt sich heraus, dass eine in Washington angesiedelte Nichtregierungsorganisation mit dem harmlosen Namen National Endowment for Democracy (NED) in ihrem Jahresbericht vom August 2011 schreibt, überall in ganz Russland vertreten zu sein.

NED finanziert ein Internationales Pressezentrum in Moskau, in dem etwa 80 Nichtregierungsorganisationen Pressekonferenzen zu einem jedem von ihnen ausgesuchtem Thema geben. Sie finanzieren zahlreiche Tagungen zu Themen wie „Jugendinteressenvertretung“ und Führung, um „Jugendliche zu politischem Aktivismus zu veranlassen.“ In der Tat, nach offiziellen Angaben gaben sie im Jahr 2010 mehr als US$ 2.783.000 für Dutzende solcher Programme in ganz Russland aus. Die Ausgaben 2011 werden nicht vor Ende 2012 veröffentlicht werden.[4]

NED finanziert auch Schlüsselbereiche von Russlands „unabhängigen“ Abstimmungs- und Wahlbeobachtungen, ein entscheidendes Element, wenn Behauptungen gemacht werden, Wahlen seien gefälscht. Teilweise finanziert NED auch die ‚Regionale Zivile Organisation zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten‘, bekannt unter dem Namen „GOLOS.“ Laut dem Jahresbericht von NED wurden die Gelder verwendet, „um eine detaillierte Analyse der Wahlzyklen vom Herbst 2010 und Frühling 2011 in Russland durchzuführen, einschließlich die Beobachtung der Presse und politischer Agitation, der Arbeit von Wahlkommissionen sowie andere Aspekte der Umsetzung der Wahlrechtsgesetzgebung im langfristigen Vorfeld von Wahlen.“[5]

Im September 2011, wenige Wochen vor den Dezemberwahlen, finanzierte NED eine Konferenz in Washington, mit Teilnahme nur auf Einladung, auf der die russische „unabhängige“ Wahlabstimmungsorganisation, das „Levada Zentrum“ vorgestellt wurde. Nach NEDs eigener Webseite hatte „Levada, ein anderer Empfänger von Geldern von NED[6], nach einem westlichen Standardverfahren zur Untersuchung von Bürgerstimmungen eine Reihe von Meinungsbefragungen durchgeführt. Die Befragungen erstellten Profile zur Stimmung des Wahlvolkes im Vorfeld der Duma- und Präsidentenwahl, Wahrnehmung von Kandidaten und Parteien, und das Vertrauen der Wähler in das System der im letzten Jahrzehnt etablierten ‚gemanagten Demokratie‘.“

Einer der Redner an jener Konferenz in Washington war Vladimir Kara-Murza, Mitglied des föderalen Rates Solidarnost („Solidarität“), Russlands demokratische Oppositionsbewegung. Laut NED ist er auch Berater des Oppositionsführers in der Duma, Boris Nemtsov. Ein anderer Redner kam von dem rechtsgerichteten Hudson Institut.[7]

Nemtsov, einer der berühmtesten Mitglieder der Opposition zu Putin, ist auch Vorsitzender von Solidarnost, dessen Name interessanterweise der Zeit des Kalten Krieges nachgeahmt wurde, als die CIA die polnische Solidarnosc Arbeiteropposition von Lech Walesa finanzierte. Mehr zu Nemtsov später.

Und am 15. Dezember 2011, als die Serie von US-unterstützten, durch Solidarnost und andere Organisationen angeführten und gegen Putin gerichteten Proteste begann, hielt NED wiederum in Washington eine andere Konferenz mit dem Titel Jugendaktivismus in Russland – Kann eine neue Generation einen Unterschied machen? Der wichtigste Redner war Tamirlan Kubarnov, der nach Angaben von NED „jüngst als Programmbearbeiter im Moskauer Büro des Nationalen Demokratischen Instituts für Internationale Angelegenheiten arbeitete, wo er mit der Entwicklung und Ausweitung der Fähigkeiten von politischen und bürgerlichen Organisationen, der Förderung der Teilnahme von Bürgern am öffentlichen Leben, und dem Einsatz für die Jugend im besonderen beschäftigt war. [8] Das Nationale Demokratische Institut ist ein Ableger des NED.

Die zwielichtige Geschichte der Stiftung National Endowment for Democracy (NED)

Die Jugend unterstützen, um politisch aktiv zu werden, ist genau dasselbe was NED in Ägypten über mehrere Jahre bis zum Sturz Mubaraks tat. Nach informierten Kreisen war dieselbe NED maßgeblich an den US-unterstützten sog. „Farbenrevolutionen“ von 2003-2004 in der Ukraine und Georgien beteiligt, die US-unterstützte pro-NATO Kräfte an die Regierung brachten. Die gleiche NED war ebenfalls aktiv beteiligt in der Unterstützung von „Menschenrechten“ in Myanmar, Tibet und Chinas erdölreicher Provinz Xinjiang.[9]

Wie sorgfältige Analysten der „Orange-Revolution“ von 2004 in der Ukraine sowie zahlreichen anderen US-finanzierten Farbenrevolutionen bemerkten, sind die Kontrolle der Stimmabgabe und die Fähigkeit, die Einstellung internationaler Medien (zu diesen Vorgängen), ganz besonders von Nachrichtenkanälen wie CNN und BBC zu beherrschen, äußerst wichtige Teile von Washingtons Destabilisierungsagenda. In dieser Hinsicht wird das Levada Zentrum sehr wahrscheinlich in einer entscheidenden Position sein, Meinungsumfragen zu veröffentlichen, die die Unzufriedenheit mit dem Regime belegen.

Nach der eigenen Auffassung von NED ist sie eine „private, nicht auf Gewinn ausgerichtete/gemeinnützige Stiftung mit dem Ziel, weltweit das Wachsen und die Stärkung von demokratischen Institutionen zu fördern. Mit Unterstützung des US Kongresses fördert NED im Ausland jährlich mehr als 1.000 Projekte von Nichtregierungsorganisationen, die für demokratische Ziele in mehr als 90 Ländern arbeiten.[10]

Es könnte nicht edler und von besserer Absicht klingen. NED zieht es jedoch vor, die eigene wahre Geschichte und Hintergründe unerwähnt zu lassen. Anfang der 1980-er Jahre überzeugte der damalige CIA Direktor Bill Casey Präsident Ronald Reagan, eine glaubwürdige private NGO ins Leben zu rufen, die NED, um Washingtons globale Agenda durch andere Mittel als durch direkte CIA Aktionen zu fördern. Dies war Teil des Prozesses, US Geheimdienste „zu privatisieren“ und deren Arbeit „effektiver“ zu machen. Allen Weinstein, der an der Ausarbeitung des Gesetzes zum Aufbau des NED mitarbeitete, sagte in einem Interview der Washington Post in 1991, „Eine Menge von dem, was wir heute machen, wurde vor 25 Jahren vom CIA im Geheimen erledigt.“[11] Interessant. Der größte Teil des NED Budgets kommt von den US-Steuerzahlern durch den Kongress. In jeder Hinsicht ist der NED Teil des Geheimdienstapparates der US Regierung.

Während der Regierungsjahre unter Reagan wurde der NED mit der Absicht aufgebaut, de-facto als privatisierte CIA zu agieren, um ihr dadurch mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Die Mitglieder im Stiftungsrat des NED kommen gewöhnlich aus den Rängen des Pentagon und US Geheimdienstkreisen. Darunter waren bisher der sich im Ruhestand befindende NATO General Wesley Clark, der 1999 die US Bombenangriffe auf Serbien befehligte. Schlüsselfiguren mit Verbindungen zu geheimen CIA Aktionen, die Mitglieder in NEDs Stiftungsrat waren, sind u.a. Otto Reich, John Negroponte, Henry Cisneros und Elliot Abrams. Der Vorsitzende des Stiftungsrates von NED war 2008 Vin Weber, Gründer der ultrakonservativen Organisation ‚Empower America‘ und Geldbeschaffer für George W. Bush. Der gegenwärtige Vorsitzende ist John Bohn, früherer CEO der umstrittenen Ratingsagentur Moody’s, die eine dubiose Rolle in dem immer noch weitere Kreise ziehenden Zusammenbruch des US Immobilienmarktes spielte. Ein weiteres Mitglied des jetzigen NED Stiftungsrates ist der neo-konservative ehemalige Botschafter der Bush-Ära in Irak und Afghanistan, der afghanisch-amerikanische Zalmay Khalilzad.[12]

Putin’s gut eingeübte Opposition

Lehrreich ist, sich die führenden Köpfe der Opposition etwas näher anzusehen, die allem Anschein nach erst kürzlich in Russland in Erscheinung getreten sind. Der momentane Bilderbuchfavorit der russischen Jugend und besonders der westlichen Massenmedien ist der russische Blogger Alexei Navalny, mit LiveJournal als dessen Blog. Navalny wurde bekannt als ein quasi-Märtyrer der Protestbewegung, nachdem er 15 Tage im Gefängnis Putins für die Teilnahme an einem nicht genehmigten Protest gesessen hatte. An einer großen Demonstration an Weihnachten, den 25. Dezember in Moskau, und möglicherweise ‚high‘ nach dem Ansehen von zu vielen romantischen Filmen Sergei Eisensteins über die russische Revolution von 1917, sagte er zur Menge „Ich sehe genügend Leute hier, den Kreml und das Weiße Haus jetzt zu übernehmen…“[13

Westliche Massenmedien sind vernarrt in Navalny. Die englische BBC bezeichnete Navalny „als die möglicherweise einzige Oppositionsgröße, die in den letzten fünf Jahren in Russland hoch gekommen ist,“ und das US Time Nachrichtenmagazin nannte ihn „Russlands Erin Brockowitsch,“ eine etwas seltsame Bezugnahme auf den Hollywoodfilm mit Julie Roberts als Darsteller eines Forschers und Rechtsaktivisten. Bedeutender ist möglicherweise jedoch die Tatsache, dass Navalny die elitäre Yale Universität an der amerikanischen Ostküste als „Yale World Fellow“ besuchte, auch Heimat der Familie Bush.[14]

Der charismatische Navalny ist oder war auch auf der Gehaltsliste der Regime-destabilisierenden NED Stiftung. Entsprechend eines Eintrags auf Navalnys eigenem Blog LiveJournal wurde er 2007-2008 von der NED unterstützt.[15][16]

Zusammen mit Navalny gruppieren sich die Schlüsselfiguren der Anti-Putin Protestbewegung wie Vladimir Ryschkov und andere um die im Dezember 2008 von Boris Nemtsov gegründete Solidarnost herum. Nemtsovs Protest gegen Korruption ist wenig glaubwürdig. Nach der Business Week Russia vom 23. September 2007 stellte Nemtsov den russischen Bankier Boris Brevnov Gretchen Wilson, US Bürgerin und Mitarbeiterin der International Finance Corporation vor, eines Finanzierungsarmes der Weltbank. Wilson und Brevnov heirateten. Mit der Hilfe Nemtsovs konnte Wilson die Zellstoff und Papierfabrik Balakhna als fast geschenkt zum Preis von US$7 Millionen privatisieren. Das Unternehmen wurde zuerst bis auf die Knochen ausgebeint und danach an die Schweizer Credit Suisse First Boston Investmentbank verkauft. Der Jahresumsatz der Fabrik war im Bereich von US$ 250 Millionen.[17]

CS First Boston Bank bezahlte auch für die sehr teuren Reisen Nemtsovs zum World Economic Forum in Davos. Als Nemtsov ein Mitglied im Kabinett wurde, wurde sein Günstling Brevnov zum Vorsitzenden der Unified Energy System of Russia JSC ernannt. Zwei Jahre später, im Jahre 2009, nutzte Boris Nemtsov, heute „Mr. Anti-Korruption,“ seinen Einfluss, um Brevnov aus der Schusslinie von Anklagen zu nehmen, er hätte sich unrechtmäßig Milliardenbeträge aus dem Vermögen von Unified Energy System angeeignet.[18]

Nemtsov nahm 1999 auch Geld vom inhaftierten russischen Oligarchen Michail Khodorkowski , als dieser versuchte, das russische Parlament oder die Duma zu kaufen. 2004 traf Nemtsov den exilierten Milliardär und Oligarchen Boris Beresowsky während eines Geheimtreffens mit anderen exilierten russischen Magnaten. Als Nemtsov von den russischen Behörden zu Vorwürfen der ausländischen Finanzierung seiner neuen politischen Partei „Für Russland ohne Gesetzlosigkeit und Korruption“ ausführlich befragt wurde, kamen die US Senatoren John McCain und Joe Libermann wie auch Mike Hammer von Obamas Nationalem Sicherheitsrat zu Hilfe von Nemtsov.[19]

Nemtsovs enger Spezi Vladimir Ryschkov von Solidarnost ist ebenfalls sehr eng mit den Kreisen des WWF Davos liiert, und hat sogar ein Sibirisches Davos gegründet. Nach russischen Presseberichten vom April 2005 etablierte Ryschkov im Jahre 2003 ein Komitee, um Gelder vom inhaftierten Khodorkowsky zusammen mit Geldern von flüchtigen Oligarchen wie Boris Beresowsky und westlichen Stiftungen wie der Soros-Stiftung zu erhalten. Das Ziel dieser Initiative war, „demokratische“ Kräfte gegen Putin zu mobilisieren. Am 23. Mai 2011 beantragten Ryschkov, Nemtsov und noch andere, eine neue „Partei der Freiheit der Völker“ zu registrieren, um angeblich einen Präsidentschaftsbewerber gegen Putin ins Rennen zu schicken.[20]

Eine andere prominente Person in den jüngsten Anti-Putin Kundgebungen ist der frühere Schachweltmeister und jetzige rechtsgerichtete Politiker Gary Kasparov, ein weiterer Gründer von Solidarnost. Vor mehreren Jahren wurde Kasparaov als Stiftungsratsmitglied einer in Washington angesiedelten militärischen neokonservativen Denkschmiede identifiziert. Im April 2007 gab Kasparov zu, er sei ein Stiftungsratsmitglied des National Security Advisory Councils des Zentrums für Sicherheitspolitik, „einer gemeinnützigen, überparteilichen nationalen Sicherheitsorganisation, die sich auf die für die amerikanische Sicherheit lebenswichtige Identifikation von Politiken, Aktionen und den Mittelbedarf spezialisiert.“ Innerhalb Russlands ist Kasparov mehr berüchtigt für seine früheren finanziellen Beziehungen zu Leonid Nevzlin, dem früheren Vizepräsidenten von Yukos und Partner von Michail Khodorkowsky. Nevzlin setzte sich nach Israel ab, nachdem er während seiner Zeit als Vizepräsident von Yukos wegen Mordes und dem Dingen von Auftragsmördern zur Beseitigung von „zweifelhaften Personen“ angeklagt worden war.[21]

Im Jahre 2009 trafen sich Kasparov und Boris Nemtsov mit keinen Geringeren als Barack Obama, um auf die persönliche Einladung des US Präsidenten im Washingtoner Ritz Carlton Hotel die russische Opposition zu Putin zu diskutieren. Nemtsov hatte sich mit Obama in Verbindung gesetzt, damit er (Obama) sich mit russischen Oppositionskräften treffe: „Sollte das Weiße Haus Putins Vorschlag zustimmen, sich nur mit Pro-Putin Organisationen zu treffen… würde dies bedeuten, dass Putin gewonnen hat, aber nicht nur das: Putin wird sich bestätigt fühlen, Obama sei schwach,“ sagte er. Während derselben US-Reise war Nemtsov eingeladen, beim New Yorker Council on Foreign Relation, vermutlich die einflussreichste US-amerikanische Denkschmiede im Bereich Außenpolitik, eine Rede zu halten. Von Bedeutung ist, dass nicht nur das US Außenministerium und US-unterstützte politische Nichtregierungsorganisationen wie die NED Millionen in den Aufbau einer Anti-Putin Opposition innerhalb Russlands aufgewendet haben, sondern dass der Präsident sich persönlich in diesen Prozess eingeschaltet hat.[22]

Ryschkov, Nemtsov, Navalty und Putins früherer Finanzminister Alexei Kudrin waren alle an der Organisation der Anti-Putin Demonstration vom Weihnachtstag am 25. Dezember in Moskau involviert, die schätzungsweise 120,000 Personen anzog.[23]

Warum Putin?

Die eigentliche Frage ist, warum Putin zu diesem Zeitpunkt? Für eine Antwort müssen wir nicht lange suchen.

Washington und besonders die Regierung von Barack Obama scheren sich einen Dreck darum, ob Russland demokratisch ist oder nicht. Ihre Sorge ist das Hindernis, das eine Präsidentschaft Putins für Washingtons Pläne der Totalen Dominanz über den Planeten bedeuten wird. Nach der russischen Verfassung ist der Präsident der Russischen Föderation gleichzeitig Staatsoberhaupt, amtierender Oberbefehlshaber und Inhaber der höchsten Position der Russischen Föderation. Er wird direkt verantwortlich für Verteidigung und Außenpolitik sein.

Wir müssen uns fragen, welche Politik (der Präsident/Putin vertreten wird)? Ganz gewiss werden starke Gegenmaßnahmen gegen die eklatante NATO Einkreisung Russlands durch Washingtons gefährliche ballistische Raketenaufstellungen um Russland herum hoch auf der Tagesordnung Putins stehen. Hillary Clintons „Neustart“ wird im Mülleimer landen, falls dies nicht schon geschehen ist. Wir können auch einen aggressiveren Gebrauch der russischen Energiekarte mittels Pipelinediplomatie erwarten, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den europäischen NATO-Mitgliedern wie Deutschland, Frankreich und Italien zu vertiefen, was letztendlich die Unterstützung aggressiver NATO Maßnahmen durch die EU schwächt. Wir können (des weiteren) eine Vertiefung der Hinwendung Russlands nach Eurasien, besonders nach China, dem Iran und vielleicht Indien erwarten, um das unsichere Rückgrat des Widerstandes gegen Washingtons Pläne einer neuen Weltordnung zu stärken.

Um Russland zu entgleisen bedarf es wohl mehr als einige Demonstrationen von einer Horde korrupter und zwielichtiger Oppositionsfiguren wie Nemtsov oder Kasparov bei Temperaturen unter Null in Moskau und St. Petersburg. Es ist klar, dass Washington an allen Fronten Druck ausübt – auf den Iran und Syrien, wo Russland einen lebenswichtigen Marinestützpunkt hat, auf China, jetzt auf Russland, und auf von Deutschland angeführte Länder der Eurozone. Das Ganze erweckt den Eindruck des Versuchs eines Endspiels durch eine im Niedergang sich befindende Supermacht.

Die Vereinigten Staaten sind heute eine de facto bankrotte nukleare Supermacht. Wie noch nie seit Bretton Woods in 1944 wird der Status des US Dollars als Reservewährung in Frage gestellt. Diese Rolle sowie die Aufrechterhaltung der uneingeschränkten Militärmacht der Vereinigten Staaten in der Welt waren die Grundlagen für die Hegemonie des Amerikanischen Jahrhunderts seit 1945.

Um die Bedeutung des Dollars für den internationalen Handel und letztendlich als Reservewährung zu schwächen, wickelt China jetzt seinen Handel mit Japan in den eigenen Währungen (Yuan und Yen) ab. Russland leitet ähnliche Schritte mit seinen wichtigsten Handelspartnern ein. Der Hauptgrund, warum Washington gegen Ende 2009 einen umfassenden Währungskrieg gegen den Euro begann, war zu verhindern, dass China und andere sich vom Dollar ab- und zum Euro als Reservewährung hinwenden. Das ist keine Kleinigkeit. Tatsächlich finanziert Washington seine Kriege im Irak, in Afghanistan, Syrien, Lybien und anderswo damit, dass China und andere Handelsüberschussländer ihren (Dollar-)Überschuss in US Staatsanleihen investieren. Würde sich dies in größerem Umfang (z.B. zum Euro hin) verschieben, würden die US Zinsen erheblich und der finanzielle Druck auf Washington enorm steigen.

Konfrontiert mit dem zunehmenden Schwindens seiner unangefochtenen Stellung als einzige Supermacht, scheint Washington in zunehmendem Maße auf rohe militärische Gewalt zu setzen, um den alten Zustand aufrecht zu erhalten. Zum Erfolg hierfür muss Russland zusammen mit China und dem Iran neutralisiert werden. Dies wird ganz oben auf der Aufgabenliste eines jeden nächsten Präsidenten stehen.


F. William Engdahl ist Autor des Buches A Century of War: Anglo-American Oil Politics and the New World Order. Er kann über seine Webseite www.engdahl.oilgeopolitics.net kontaktiert werden.

Übersetzt von Karl Kaiser

Artikel auf Englisch: Regime Change in the Russian Federation? Why Washington Wants ‘Finito’ with Vladimir Putin


Anmerkungen

1. Alexei Druzhinin, Putin says US encouraging Russian opposition, RIA Novosti, Moscow, December 8, 2011

2. Ibid.

3. Jonathan Turley, The NDAA’s historic assault on American liberty, guardian.co.uk, 2 January 2012, accessed in http://www.guardian.co.uk/commentisfree/cifamerica/2012/jan/02/ndaa-historic-assault-american-liberty.

4. National Endowment for Democracy, Russia, from NED Annual Report 2010, Washington, DC, published in August 2011, accessed in http://www.ned.org/where-we-work/eurasia/russia.

5. Ibid.

6. Ibid.

7. NED, Elections in Russia: Polling and Perspectives, September 14, 2011, accessed in http://ned.org/events/elections-in-russia-polling-and-perspectives.

8. NED, Youth Activism in Russia: Can a New Generation Make a Difference?, December 15, 2011, accessed in http://ned.org/events/youth-activism-in-russia-can-a-new-generation-make-a-difference.

9. F. William Engdahl, Full Spectrum Dominance: Totalitarian Democracy in the New World Order, 2010, edition. Engdahl press. The book describes in detail the origins of the NED and various US-sponsored “human rights” NGOs and how they have been used to topple regimes not friendly to a larger USA geopolitical agenda.

10. National Endowment for Democracy, About Us, accessed in www.ned.org.

11. David Ignatius, Openness is the Secret to Democracy, Washington Post National Weekly Edition, 30 September-6 October,1991, 24-25.

12. F. William Engdahl, Op. Cit., p.50.

13. Yulia Ponomareva, Navalny and Kudrin boost giant opposition rally, RIA Novosti, Moscow, December 25, 2011.

14. Yale University, Yale World Fellows: Alexey Navalny, 2010, accessed in http://www.yale.edu/worldfellows/fellows/navalny.html.

15. Alexey Navalny, emails between Navalny and Conatser, accessed in Russian (English summary provided to the author by www.warandpeace.ru) on http://alansalbiev.livejournal.com/28124.html.

16. Ibid.

17. Business Week Russia, Boris Nemtsov: Co-chairman of Solidarnost political movement, Business Week Russia, September 23, 2007, accessed in http://www.rumafia.com/person.php?id=1648.

18. Ibid.

19. Ibid.

20. Russian Mafia.ru, Vladimir Ryzhkov: Co-chairman of the Party of People’s Freedom, accessed in http://www.rumafia.com/person.php?id=1713.

21. Russian Mafia.ru, Garry Kasparov: The leader of United Civil Front, accessed in http://www.rumafia.com/person.php?id=1518.

22. The OtherRussia, Obama Will Meet With Russian Opposition, July 3, 2009, accessed in http://www.theotherrussia.org/2009/07/03/obama-will-meet-with-russian-opposition/.

23. Yulia Ponomareva, op. Cit.

F. William Engdahl is a frequent contributor to Global Research. Global Research Articles by F. William Engdahl

 

Quelle: http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=29157


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