Kurt Gossweiler: 1933 war keine „Machtergreifung“
Der Terror als System: „Kommunisten an die Wand!“
Der 30. Januar 1933 brachte für das Leben der Menschen in Deutschland einschneidende Veränderungen. Im folgenden befaßt sich der Historiker Dr.sc. Kurt Gossweiler mit dem falschen (deutlicher: dem verlogenen!) Begriff der „Machtergreifung“ durch die Nazis. Auch der Gedenkstätten-Direktor von Buchenwald verwendet diesen Begriff. Falsch, Herr Knigge! Höflichkeit ist hier nicht angebracht. Es war – ganz klar! – eine Machtübertragung. Zur Verwirklichung seiner reaktionären und aggressiven innen- und außenpolitischen Ziele übertrug das deutsche Monopolkapital die Macht an die Hitlerbanditen.
Die Beschäftigung mit der Wirtschaftspolitik des Faschismus in der ersten Phase der faschistischen Diktatur ist in vielerlei Hinsicht wichtig und aktuell. Das faschistische Deutschland lieferte das erste Modell einer bereits in Friedenszeiten staatsmonopolistisch regulierten Wirtschaft. Die Frage, ob und in welchem Ausmaß die inneren Gesetzmäßigkeiten dieses Modells auch für die heute praktizierte staatsmonopolistische Regulierung Gültigkeit besitzen, ist nicht nur von theoretischer, sondern auch von hoher praktisch-politischer Bedeutung. Die vorliegende Studie – ein überarbeiteter Ausschnitt aus einer umfangreichen Arbeit [1] – möchte unter anderem als Beitrag eines Historikers zur Diskussion über den Mechanismus, die Gesetzmäßigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen staatsmonopolistischer Regulierung verstanden werden,
Die Aktualität des Themas ergibt sich zum anderen daraus, daß die marxistische Geschichtsschreibung bislang ihre Aufmerksamkeit nur in geringem Maße der Anfangsphase der faschistischen Diktatur zugewandt hat. Die intensive Beschäftigung mit dieser Periode brachte dagegen in der BRD ein so umfang- und materialreiches Werk hervor, wie die Arbeit von Bracher/Sauer/Schulz über „Die nationalsozialistische Machtergreifung“. [2] Der Titel des Buches ist bereits ein Programm.
Der Terminus „nationalsozialistische Machtergreifung“ verschleiert den wahren Sachverhalt, nämlich die Übergabe der politischen Macht an die Nazibande durch das deutsche Monopolkapital zur Verwirklichung seiner reaktionären und aggressiven innen- und außenpolitischen Ziele, und bringt statt dessen zum Ausdruck, die bisherigen Inhaber der Macht seien von den Nazis „entmachtet“ worden, der 30. Januar 1933 sei eine Revolution und ein völliger Bruch mit allem Vorangegangenen gewesen. Folgerichtig wird die Periode bis zum 30. Juni 1934 als die Periode der Vollendung der „Machtergreifung“, der Errichtung der unumschränkten Diktatur Hitlers und der NSDAP, dargestellt.
[1] Gossweiler, Kurt: Die Röhm-Affäre, Hintergründe … , Köln 1983.
[2] Bracher, Karl Dietrich/Schulz, Gerhard/Sauer, Wolfgang: Die nationalsozialistische Machtergreifung, Köln-Opladen 1960.
Quelle:
Dr. Kurt Gossweiler: Aufsätze zum Faschismus, Akademie-Verlag Berlin, 1988, S.131f.
P.S. Man überzeuge sich an Hand des genannten Buches davon, mit welcher dümmlichen Penetranz bürgerliche Theoretiker versuchen, die wahren Hintergründe des aufkommenden Faschismus in Deutschland zu verschleiern. Die Beweisführung Kurt Gossweilers ist stichhaltig. Und sie belegt eindeutig, daß Bracher, Schulz und andere bürgerliche Monopol-Apologeten sich letztlich nur dem gleichen Ziel verpflichtet fühlen: „für jeden, der sich im politischen Gelände jener Jahre zurechtzufinden sucht, einen politischen Irrgarten aufzubauen, in dem die konsequenteste antifaschistische Kraft, die Kommunistische Partei, als Helfershelfer des Faschismus dargestellt wird, während jene Kräfte, deren Werkzeug die Nazibewegung war, durch sorgfältige Tarnung weitgehend unsichtbar gemacht sind.“ (Quelle: K.Gossweiler: Aufsätze zum Faschismus, ebd. S.52.)
Was geschah am 30. Januar 1933 ?
Quelle:
Geschichte, Lehrbuch für Klasse 9, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin (DDR), S.99. Foto: Hellwig/Weiss: So macht man Kanzler, Verlag der Nation Berlin, 1962, S.119.
Bildüberschrift: Am 22. Februar 1933 brannte der Reichstag. Nach diesem Auftakt wurde der Terror zum System.