Kolumbien: Kleinbauern kündigen Streik an

Protestbewegung von 2013 geht ab Ende April weiter. Größere Mobilisierung erwartet

Bogotá. Vertreter der kolumbianischen Bauernbewegung haben für den 28. April einen neuen landesweiten Streik angekündigt. Olga Quintero, Sprecherin des Verhandlungstisches der Kleinbauernkommission MIA, nannte als Grund dafür, dass die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos die Vereinbarungen nicht eingehalten habe, zu denen sie sich nach dem letzten Agrarstreik vom Sommer 2013 verpflichtet hatte. Anstatt die getroffenen Abkommen umzusetzen, habe sich die Regierung daran gemacht, die Anführer der Bewegung zu bestechen, die Bauernorganisationen zu spalten und ihre Mobilisierungen zu diskreditieren, klagte César Pachón, Sprecher der Organisation “Dignidad Papera” (Würde der Kartoffelbauern).

Die Bauernorganisationen planen einen stufenweisen Protest. Am 28. April wird die Organisation “Dignidad Agraria” (Würde im Agrarsektor) in den Streik treten, zu der die Lebensmittelproduzenten vor allem im Zentrum des Landes gehören. Ab 1. Mai haben Bündnisse der Indigenen, Afrokolumbianer und Kleinbauern ihre Unterstützung angekündigt. Dieser Teil der Bewegung tagte im März bei einem Bauerngipfel über die Forderungen und Strategien. Dabei waren eine Agrarreform, die Zurückstellung der Bergbaupolitik, die Justiz und die Behandlung der Opfer des Konflikts, die Änderung der Drogenpolitik und die Förderung einer Kleinbauernökonomie zentrale Themen.

Wie Dignidad Agraria berichtet, ist eine der versäumten Vereinbarungen der Regierung die Zahlung von Subventionen an die Kaffeeproduzenten. Circa 100.000 Kaffeebauern hätten nicht einmal eine Zuteilung bekommen. Außerdem schulde die Regierung auch denjenigen, denen die Unterstützung offiziell zugesichert wurde, über 130.000 Milliarden Pesos (52 Mio. Euro) für das Jahr 2013. In diesem Jahr hätte die Regierung noch keine der vereinbarten Zuschüsse bezahlt, schreibt die Bauernorganisation. Zudem hatte sich die Regierung dazu verpflichtet, alle Schulden der Kleinbauern zu erlassen, die maximal 20 Millionen Pesos (8.000 Euro) betragen. Effektiv hätten Santos und sein Kabinett bisher jedoch nichts dafür getan. Dies sei insbesondere problematisch, weil viele Kleinbauern dabei seien, ihre Grundstücke wegen ihrer Schulden zu verlieren, sagte Alonso Osorio von Dignidad Agraria.

 

Santos hatte außerdem zugesichert, Zollmechanismen zu verabschieden, um die interne Produktion von Kartoffeln, Molkereiprodukten und Zucker vor dem Freihandel zu schützen. Auch hier werfen die Bauernorganisationen Santos Untätigkeit vor. Eine wichtige Forderung der Bauernbewegung besteht darin, die bisher unterschriebenen Freihandelsabkommen zu reformieren oder zurückzustellen. Der Kleinbauernbund der nordwestlichen Region Catatumbo, ASCAMCAT, zeigte sich zudem enttäuscht, weil die Genehmigung zur Einrichtung einer Bauernschutzzone zuletzt zurückgenommen wurde. Die Bauern von Catatumbo hatten letztes Jahr über 53 Tage trotz heftiger Repressionen gestreikt.

Beim letzten Treffen mit dem Präsidenten und seinem Kabinett Mitte April haben die Vertreter der Bauerngipfel ein Dokument mit ihren gemeinsamen Forderungen eingereicht, ohne jedoch konkrete Zusagen zu erhalten. “Es schien so, als ginge Santos sowieso davon aus, dass es den Streik geben wird”, bemerkt César Jerez, Sprecher von ASCAMCAT.

Die Organisatoren ließen verlauten, der Streik solle noch größer werden als im letzten Jahr. Der Regierung solle ein Abkommen abgerungen werden, weil Santos selbst Präsidentschaftskandidat sei und die Mobilisierungen genau zur Zeit der letzten Wahlkampfphase stattfinden werden. Während der Streikvorbereitungen wurden aus verschiedenen Regionen Drohungen gegen potenzielle Streikende vermeldet. MIA-Sprecherin Quintero wies auf die Gefahren der Proteste hin: “Wir wissen, wir werden mit Toten, Inhaftierungen und Verletzten bezahlen, aber wenn wir uns nicht mobilisieren, werden unsere Forderungen untergehen”, so die Kleinbauernvertreterin.

 

(Quelle: http://amerika21.de/2014/04/99608/nationaler-agrarstreik)

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