Lateinamerika nutzt immer mehr freie Software

Beitrag zur Demokratisierung des Zugangs zu Informationstechnologien. Länder sehen Chance
für technologische Souveränität

 

Brasília. Der Einsatz von freier Software wird in Lateinamerika immer wichtiger. Dies berichtete unlängst der lateinamerikanische Nachrichtensender Telesur. Die frei nutzbare Software mit offenem Quellcode trage zur wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung der Länder und zur Demokratisierung des Zugangs zur Informationstechnologie und Kommunikation bei. Sie biete darüber hinaus mehr Sicherheit: Durch den Zugriff auf den Quellcode von Betriebssystemen und Programmen könne man erfahren, was die Software tatsächlich macht – im Gegensatz zu den Bezahl-Systemen, die das Innenleben der angebotenen Programme für sich behalten.

Ein wichtiger Punkt sind laut Telesur die niedrigen Kosten beim Erwerb und der Entwicklung von Open-Source-Betriebssystemen. Dies werde als Chance für die technologische Unabhängigkeit und Souveränität der Länder begriffen. Die Möglichkeit, Programme je nach den spezifischen Bedürfnissen der einzelnen Institution zu ändern, führt dazu, dass immer mehr Regierungen daran interessiert sind, freie Software in der öffentlichen Verwaltung einzusetzen, entweder indem ihre Server vollständig umgestellt werden oder in einer teilweisen Anwendung in bestimmten Bereichen wie Bildung.

Kuba, Venezuela, Uruguay, Ecuador, Brasilien und Bolivien setzen bislang am stärksten auf freie Software-Projekte. Diese Länder seien sich auch einig in der Ablehnung der Privatisierung und der Ungleichheit beim Zugang zu Informationen und Kommunikationstechnologien. Die freie Software trage zur technologischen Souveränität bei. Dies sei mit einer Kostenersparnis verbunden, die wiederum die Umsetzung von inklusiven Sozialpolitiken ermögliche, so Telesur.

Brasilien liegt bei der Entwicklung freier Software in Lateinamerika an erster Stelle und war das erste Land der Welt, das Systeme mit offenen Quellcodes massiv in der öffentlichen Verwaltung einsetzte und nach und nach Schulen, Universitäten und wichtige Institutionen wie die Staatsbank integrierte. In Kuba ist ihr Gebrauch staatliche Politik. Die Regierung hat den Einsatz des Betriebssystems Linux gefördert. Der offene Quellcode hat außerdem ermöglicht, dass in Kuba das Betriebssystem NOVA wissenschaftlich entwickelt werden konnte, das von der Regierung genutzt wird.

 

In Uruguay wurde im Dezember 2013 das Gesetz über freie Software angenommen. Damit werden die staatlichen Institutionen verpflichtet, diese zu nutzen. Außerdem wird ihrer Entwicklung im Bereich der Informatik Priorität gegeben. Im Jahr 2008 hat die Regierung von Ecuador durch das Dekret 1014 die obligatorische Verwendung von Technologien mit offenem Quellcode in öffentlichen Einrichtungen festgelegt. Dieser Rechtsrahmen ermöglichte unter anderem die Entwicklung von eCURUL, einem Programm der elektronischen Stimmabgabe.

Die Regierung von Venezuela hat im Jahr 2008 die bevorzugte Verwendung von freier Software und GNU/Linux in der gesamten öffentlichen Verwaltung, einschließlich der Ministerien und Regierungsstellen etabliert. Seit August dieses Jahres ist das sogenannte Gesetz der Informationsregierung in Kraft (Ley de Infogobierno), das zur Förderung freier Technologien in dem südamerikanischen Land beitragen soll (amerika21 berichtete). Das Canaima GNU/Linux – Betriebssystem wurde entwickelt und wird im Bildungsbereich sowie bei den im Land produzierten Desktop-Computern eingesetzt, die zu niedrigen Preisen angeboten werden.

Zu den Ländern, die bislang nur kleine Schritte in der Anwendung freier Software in Regionen und privaten Initiativen getan haben, gehört Peru. In der Dominikanischen Republik machen sich verschiedene Nichtregierungsorganisationen für die Förderung ihrer Nutzung im Bildungsbereich und in der wissenschaftlichen Entwicklung stark. Die Regierung des Hauptstadtbezirkes Mexiko-Stadt setzt freie Software ein, in Argentinien gibt es staatliche Initiativen zu ihrer Förderung. In Chile haben das Bildungsministerium und die “Universidad de la Frontera” das Programm “Édulinux” erstellt, das in chilenischen Schulen und in 90 Prozent der Bibliotheken angewendet wird. Initiativen für die obligatorische Nutzung dieser Technologien wurden jedoch im Kongress gebremst.

(tsur)

(Quelle: https://amerika21.de/2014/09/107559/freie-sofware-lateinamerika)

//