Bedingungsloses Grundeinkommen – große Täuschung der „Linken“.

Die gesamte linke und sozialistische Bewegung hat ihren Ursprung im Marxismus und der „klassischen“ Sozialdemokratie vor dem Schisma.

Aber heutzutage ist das für sie nicht mehr modern. Sozialismus sei nicht mehr eine wissenschaftliche Theorie, sondern wird als „Vision“ und „gute Idee“ betrachtet.

Alle wollen die Gesellschaft ändern, alle wollen Gleichheit, volle Versorgung, Entwicklung und Entfaltung von jedem Gesellschaftsmitglied – alle wollen das Gute und nicht das Böse.

Eine dieser glänzenden Ideen, die heutige Linke, aber auch was manche Bourgeoisie-Repräsentanten vertreten, ist das sog. „bedingungslose Grundeinkommen“.

Susanne Wiest, Tagesmutter aus Greifswald, verfasste 2008 eine Online-Petition, welche die nötige Unterschriftenzahl erreichte und vom Bundestag angehört wurde.

Wiest schrieb in ihrer Petition:

Um nun allen Bürgern ein würdevolles Leben zu gewährleisten, erscheint mir die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens als guter Lösungsweg. Ca. 1.500 Euro für jeden Erwachsenen und 1.000 Euro für jedes Kind.“

Also ist das BGE im Grunde ganz einfach: Jeder Staatsbürger bekomme eine fixierte Summe pro Monat, die ausreicht, um existenzielle Bedürfnissen des Lebens zu befriedigen.

Das ist keinesfalls eine neue Idee, sie wurde unter verschiedenen Namen in verschiedenen Ländern diskutiert, es gibt bereits Experimente mit der Einführung eines BGE. So wurde z. B. ein BGE in einem Teil von Namibia eingeführt, eines der ärmsten Länder Afrikas. Nach einem Bericht eines UNO-Beobachters hat das BGE dort positiv auf die Bevölkerung gewirkt, das Elend sei zurückgegangen, mehr Menschen bekamen Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Als ob jemand daran zweifeln könnte…

Inzwischen gibt es jede Menge Verbände und Gruppen, die die Idee des BGE durchsetzen wollen. Viele Arbeitsloseninitiativen und kleine linke Gruppen, die Piratenpartei, welche es gar in ihr Wahlprogramm aufnahm und sogar manche Grünen hätten nichts gegen diese Idee. Was die Partei Die Linke betrifft, betrachtet sie diese Idee nicht als Bestandteil ihres Programms und unterstützt sie nicht offiziell. Dennoch gibt es in der PdL eine Arbeitsgemeinschaft „Bedingungslose Grundeinkommen“. Das BGE wird permanent innerhalb der PdL diskutiert und die größte Unterstützerin dieser Idee ist Katja Kipping, die heutige Vorsitzende der Partei. Es ist auch in diesem Zusammenhang ein Internet-Projekt Netz BGE zu erwähnen.

Die Idee des BGE scheint nicht sonderlich abwegig zu sein, wenn man bedenkt, dass heute bereits mehr als die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung nicht selbständig ihren Unterhalt verdient, sondern von staatlichen Almosen, Renten bzw. von anderen Familienmitgliedern abhängig sind. Das betrifft bestimmte Altersgruppen, jung und alt, die nicht (mehr) arbeiten können, aber auch sehr viele erwerbsfähige Menschen, die entweder keine Arbeit finden oder so wenig verdienen, dass man davon nicht leben kann. Das betrifft, z.B. 7 Millionen Menschen, die nur einen Mini-Job (400-Euro-Job) haben – natürlich, sind sie zusätzlich entweder durch andere Familienmitglieder oder durch Hartz-4-Leistungen finanziert.

Ebenso, die bei voller Arbeitszeit nicht genug verdienen, um zu überleben, sogenannte Hartz-4-Aufstocker oder auch working poor (arm trotz Arbeit) genannt.

Wie stehen wir als Kommunisten dazu? Rein wirtschaftlich gesehen, arbeiten alle diese Aufstocker und Mini-Jobber für einen Kapitalisten, sei es in Industrie- oder im sog. Dienstleistungssektor und produzieren dabei einen Mehrwert oder sind an dessen Realisierung beteiligt, den der Unternehmer gerne kassiert.

Dieser Mehrwert ist für ihn umso größer, wenn der Unternehmer weniger Lohn und keine Sozialversicherungen für die Arbeiter bezahlen muss. Der Staat bietet den Unternehmern diese Möglichkeit. Obwohl die deutschen Sozialversicherungsgesetze in langen Kämpfen von der „klassischen“ Arbeiterbewegung erkämpft wurden, klar sagen, dass ein Kapitalist verpflichtet ist, den Arbeitern zur Hälfte die Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu bezahlen, gibt es viele Möglichkeiten, diese Gesetze zu umgehen. – Dies allein ist schon eine Farce wenn man bedenkt dass durch den geraubter Mehrwert die Kapitalisten alleine die Sozialversicherungen tragen müssten.

Zum Beispiel bei den 400-Euro-Jobbern, die nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind oder nur „wenn was los ist“. Auch hier bleiben die Sozialversicherungen dem Kapitalisten “erspart”, für die der Staat einspringt. Im Falle eines BGE gäbe es die Möglichkeit, Löhne zu zahlen, die nicht mal ein Überleben gewährleisten, denn das Überleben, d. h. die Reproduktion der Arbeitskraft um dem Kapitalisten diese wieder voll zur Verfügung stellen zu können (und sogar ein gewisses Lebensniveau) sichert der Staat.

Der kapitalistische Staat ist ein Kapitalistenklub, der daran interessiert ist, möglichst billige, aber „motivierte“ und gehorsame Arbeitskräfte zu bekommen. Und das funktioniert sehr gut, wenn der Staat anstelle der sog. „Arbeitgeber“ auch Löhne zahlt. Ist das bereits ein Sozialismus? Keineswegs, denn die Produktionsmittel gehören unverändert den Kapitalisten und der Mehrwert, den der Arbeiter in der gesellschaftlichen Produktion schafft wird nach wie vor von den Kapitalisten privat angeeignet. Die Kapitalisten sind nur verpflichtet einen Anteil des Gewinns als Steuern an den Staat abzuführen. Die größte Menge des Steuergeldes, also der finanziellen Grundlage des Staates, besteht allerdings aus Steuern von „Arbeitnehmern“ und der sog. „Mehrwertsteuer“, die zwar alle beim Einkauf zahlen, jedoch die am härtesten trifft, die gezwungen sind ihr gesamtes Einkommen für grundlegende Bedürfnisse auszugeben.

Diese Steuern dienen u. a. auch dazu die Löhne aufzustocken und die Sozialversicherungsleistungen zu zahlen, die von Kapitalisten nicht bezahlt werden. Unternehmer freuen sich darüber natürlich, und die Gewinne bleiben in privaten Händen. Anders ausgedrückt: Vergesellschaftung von Abgaben, Privatisierung von Gewinnen, ein typisches wirtschaftspolitisches Phänomen der spätkapitalistischen Zeit und Folge der Kräfteentwicklung im Klassenkampf zu Ungunsten der Arbeiterklasse, sowie hervorgerufen durch den tendenziellen Fall der Profitrate, die allgemeine Krise des Kapitalismus.

Was bedeutet in dieser Situation das BGE? Verschärfung dieser Lage! Der Staat wirkt fast „sozial“ (jedenfalls so, wie es sich der Kleinbürger vorstellt), denn alle Bürger unabhängig von ihren Arbeitsleistungen, erhalten gleichen Unterhalt (was allerdings in sozialistischen Länder gar nicht der Fall war, da wurde nämlich der Lohn nach dem Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“ gezahlt).

Jeder Kapitalist ist frei von Verpflichtungen im Sozialversicherungssystem und er kann für minimale Löhne, praktisch nur für ein paar kleine attraktive Geschenke, Arbeiter einstellen und so große Profite erzielen.

Ist das nicht ein Traum, vor allem für die Bourgeoisie? Es ist kein Wunder, dass auch in dieser Klasse Anhänger eines BGE zu finden sind. Beispielsweise die FDP, die bereits sehr lange von einem „Bürgergeld“ träumt. Statt zahlreichen verschiedenen Leistungsarten mit viel Bürokratie, bekäme jeder Bürger schlicht 600 Euro pro Monat, wem das nicht ausreicht, der müsse dazu arbeiten.

Die Liberalen haben allerdings „vergessen“ zu erklären, wie genau die heutige Arbeitslosen, Kranken und andere schwache Sozialschichten von 600 Euro pro Monat überleben sollen. Letztlich ist das „Bürgergeld“ sogar noch weniger als Hartz IV, denn der Regelsatz in Höhe von 382 Euro (Stand 2013) beinhaltet im Gegensatz zu den 600 Euro „Bürgergeld“ nicht die Miete.

Es gibt auch andere Anhänger des BGE unter Großunternehmern. So z.B. der Besitzer der Drogeriekette DM. Götz Werner schlägt vor, ein BGE in Höhe von 1.500 Euro für jeden Erwachsenen einzuführen. Allerdings soll dieses BGE über die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 50 % finanziert werden, dabei möchte Werner auf alle anderen Steuern verzichten.

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer bedeutet zwangsweise Preiserhöhungen, das heißt dieses BGE wird von der Bevölkerung bezahlt und bei derart höheren Preisen reichen auch 1.500 Euro pro Monat nicht mehr um überleben zu können. Aber die Kapitalisten sind in diesem Fall befreit von jeglicher Art “sozialer Verpflichtungen”.

Andere Kapitalisten allerdings äußern Zweifel. „Fehlende Arbeitsmotivation“, heißt es bei Gerd Habermann (AG Selbständiger Unternehmer). Wirklich, wer geht schon einfach so zum Spaß Müll sammeln, Geschirr in der Großküche spülen oder schwere Straßenarbeiten Tag für Tag durchführen, schwitzen, zur Frühschicht um 5 Uhr morgens aufstehen oder Nachtschichten schieben und sich dabei von den Vorgesetzten anmotzen lassen, wenn er bereits Geld hat um es sich zu Hause gemütlich zu machen oder einen angenehmeren Job zu suchen? Das ist wirklich zweifelhaft. Das ist aber nicht die Frage, ob es für Bourgeoisie bequem ist oder nicht, auch eine sozialistische Gesellschaft würde solche Arbeiten brauchen, solange sich die Automatisierung noch nicht überall durchgesetzt hat und das ist noch lange nicht der Fall.

Aber das ist nicht das Hauptproblem. Denn so oder so lassen die Kapitalisten nie zu, dass die Arbeiter ihre „Arbeitsmotivation“ verlieren.

Das Einzige, was das BGE heute bewirken kann, ist die Verschärfung der Situation. Die Löhne und Sozialleistungen werden vom Staat, das heißt, von unseren Steuern bezahlt, die Profite bleiben aber weiterhin in privaten Händen. Nur wird diese Situation gesamtgesellschaftlich: Also alle Lohn- und Sozialabgaben werden vom Staat (von Steuern) finanziert, und die Gewinne bleiben weiterhin privat. Und dabei verwandelt sich dieses BGE, selbst wenn es dynamisch der Inflation angeglichen würde, in ein Einkommen an der Grenze des sog. „Existenzminimums“. Das ist unvermeidlich aus rein wirtschaftlichen Gründen: Ansonsten können Kapitalisten keine Arbeitskraft mit genügender „Motivation“ bekommen und keine weiteren Profite erzielen. Das Gesetz des Zwangs der Profitmaximierung aber wirkt wie früher, egal, ob man die wissenschaftliche Sozialismus-Theorie für veraltet hält oder nicht. Genauso kann man auch Newtons-Gesetze als veraltet bezeichnen, die Äpfel werden aber weiterhin auf die Erde fallen und nicht hoch fliegen.

Ich hörte oft von „neuen Linken“, das bedingungslose Grundeinkommen sei eine Vision, ein Traum, wir brauchen etwas, das attraktiv klingt, was die Massen erkämpfen wollen. Das klappt allerdings nicht, die Massen von Arbeitern verstehen ganz gut, wozu neue „Träume“ und Initiativen vom bürgerlichen Staat führen. Und sie wollen dafür nicht kämpfen.

Es gibt ein anderer Weg, er mag „veraltet“ klingen, auch schwierig, da er Wissen und Verstehen verlangt – und nicht nur träumen. Nicht „Umverteilung“, sondern Produktionsmittel müssen den arbeitenden Menschen gehören, nicht „etwas Geld/Almosen zum Überleben für jeden“, sondern Alles im Land soll dem Volk gehören und von ihm bestimmt werden. Das ist ein viel größerer Traum oder eine viel größere Vision, aber es ist realisierbar, wie uns die Klassiker zeigten, von der Utopie zur Wissenschaft. Wie genau diese Realisierung dann aussieht, hängt von uns ab.

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