Ukraine nach 20 Jahren Konterrevolution

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gazeta_komunistVon Denis Neceporuk
Gazeta Komunist, Ukraine – Gleich nach dem verbrecherischen Zerfall der UdSSR im Jahr 1991 gehörte die Ukraine zu den zehn entwickeltsten Ländern der Welt. Das geben übrigens auch selbst bürgerliche Nationalisten zu. Wir hatten unerhörte soziale Garantien, und manchmal wußten die Bürger diese nicht zu schätzen. Das waren kostenlose Ausbildung, gutes Gesundheitswesen, in der ersten Linie kostenlose ärztliche Fürsorge. Wie die Partei es plante, sollten alle zum Jahr 2000 eine eigene kostenlose Wohnung bekommen. Preise für Hauptlebensmittel, Mietkosten, Fahrkosten in den öffentlichen Verkehrsmitteln wurden im Laufe von über 50 Jahren auf demselben Stand behalten. Kommunaldienste, Tarife für Gas und Strom betrugen nur wenige Kopeken. Die Bürger aßen Naturprodukte. Was Arbeitslosigkeit, Inflation, obdachloses Leben, Entlassungen bzw. Stellenabbau bei den Unternehmen, Nichtauszahlungen der Depositen bei den Banken, Kredite zu 30% Zinsen usw., das alles kannten nur diejenigen, die außerhalb der Sowjetunion lebten. Den heutigen Generationen kommt das alles einfach fantastisch vor. Im Jahr 2009 ist es unvorstellbar, daß sowas überhaupt noch möglich sei.
Die Bevölkerung der Ukraine zählte 52 Mio. Bürger und Bürgerinnen. Die Ukraine verfügte nicht nur über Atomwaffen (der 3. Platz in der Welt nach den USA und Russland), sondern auch über eine Armee mit 1 Mio. Soldaten, die fähig war, nicht nur das Volk zu beschützen, sondern auch jeden Feind zu zerschlagen. Das Land lebte und entwickelte sich weiter. Das ukrainische Volk war stolz auf sein Land. Aber auf irgendeine undenkbare Weise, im Laufe von nur 20 Jahren, und dies wären ganze 4 sowjetische Planjahrfünfte (Pjatiletkas), ist das Land zu einem der rückständigsten Länder nicht nur Europas, sondern auch der ganzen Welt verwandelt worden. Es ist nach allen Kriterien zum hilflosen Schlusslicht gemacht worden. Es mochte ein Ding der Unmöglichkeit scheinen, doch Verrat und der Kapitalismus haben ihr Werk getan.
Es begann alles mit der Durchführung von Marktreformen und Änderungen des öffentlichen Systems von einem sozialistischen zu einem kapitalistischen. Dies begann mit M. Gorbatschow. Und nach dem Zerfall der UdSSR fingen ehemalige Ideologen des Kommunismus an, einen wilden Kapitalismus in jedem einzelnen Land aufzubauen, indem sie Hammer und Sichel gegen den US-Dollar getauscht haben. In der Ukraine war das der erste ukrainische Präsident L. Krawtschuk. In Russland B. Jeltsin. In Georgien Schewarnadse usw. Es ist so, daß damals, Anfang der 90er, die Menschen der Staatsgewalt noch vertrauten. Jeder Bürger wußte, daß die Leitung des Landes, die Abgeordneten, die Partei und Beamten gemäß ihrer Bestimmung zum Wohl des Volkes und des Landes dienen. Doch leider beachteten die Menschen ein wichtiges Detail nicht. An die Macht kamen sogenannte Demokrato-Patrioten europäischer Art, deren Ziel die wilde Erbeutung von Geld auf Kosten der einfach Sterblichen war.
Die Marktreformen zielten auf eins – das Volkseigentum zu privatisieren, Kollektivwirtschaften zu ruinieren und im nachhinein ein liberales Regime für grosse Privateigentümer aufzustellen. Leider wurde alles gemacht, was zum Erfolg der Minderheiten und zur Armut der Mehrheiten beitrug.
Alle Probleme des ukrainischen Landes sind das Werk von L. Krawtschuk, L. Kutschma, V. Juschenko und von allen denjenigen, die in den letzten 20 Jahren an der Macht gestanden haben. Man muß verstehen, daß niemand das Volk gefragt hat, ob es auf einen kapitalistischen Weg gehen will. Es wurde alles insgeheim gemacht, und zwar unter der Deckung von angeblicher Liebe zur Ukraine und deren Nation, unter dem Vorwand von Demokratie und europäischem Humanismus.
Infolge der kapitalistischen Konterrevolution verlor das Volk der Ukraine die Macht und die Kontrolle über alles, was in dem Land geschah. Heute herrscht eine Minderheit über die Mehrheit. 50 Personen besitzen ein Drittel des Inlandproduktes des Landes. Reiche werden noch reicher, und Arme noch ärmer.
Heutzutage herrscht eine Finanz- und Wirtschaftskrise. Kapitalisten sind bemüht, auf Kosten der einfachen Menschen aus der Krise zu kommen. Die Regierung von der Premierministerin J. Timoschenko hat das Volk in tiefe Verschuldung gezogen. Die „orangene“ Macht verkauft Unternehmen nach wie vor aus und erbittet neue Kredite. Und wagt es, sich eine solche Politik zum Verdienst anzurechnen.
Der aktuelle „Garant“ Juschtschenko betont in seinen Auftritten immer wieder, daß es sich nur an eine einzige der Nationalitäten der Ukraine wendet. Es scheint, dies sollte von V. Juschtschenkos starken Liebe zu den Ukrainern und Ukrainerinnen bezeugen. Dabei tanzt auch die Premierministerin, die zur Anlockung von Wählern eine profaschistische Ideologie aufgenommen hat, exakt nach seiner Pfeife.
Doch mit jedem neuen Tag, an dem dieses „Patriotenteam“ an den Macht steht, wird es von denjenigen, an die es sich wendet, immer weniger gehört. Dies betrifft auch Menschen, die zu „fremden Nationen“ gehören… Kurzum, es leiden und sterben alle in der Ukraine aus. Es ist traurig festzustellen, aber der Bestand der „Nation“, die sie heute erreicht haben, sieht folgendermassen aus.

Die ukrainische Bevölkerung zählt heute etwa 46 Mio. Einwohner, von diesen:

– leben etwa 10 Mio. unterhalb der Armutsgrenze;
– sind mehr als 3 Mio. arbeitslos;
– etwa 1,5 Mio. Bürger und Bürgerinnen der Ukraine hungern;
– ca. 10 Mio. Rentner bekommen die minimale Rente;
– jährlich erkranken ca. 190 000 Ukrainer und Ukrainerinnen an Krebs, wobei von 1 500 Kranken 900 sterben;
– laut der Statistik des Gesundheitsministeriums der Ukraine sind ca. 700 000 Menschen krank an Tuberkulose;
– heute zählen 440 000 Menschen in der Ukraine, die mit AIDS leben;
– in Gefängnissen verweilen etwa 150 000 Menschen;
– über 900 000 leiden an chronischem Alkoholismus;
– ungefähr 500 000 sind drogenabhängig;
– in der Ukraine leben fast 200 000 Kinder auf der Straße;
– 1 Mio. Menschen sind obdachlos;
– in der Ukraine rauchen 19 Mio. Bürger und Bürgerinnen – 66% Männer und 20% Frauen.

Wenn man den entstandenen Analphabetismus und die moralische Degradierung der Jugend berücksichtigt, dann wird einem ganz traurig zumute.

Es muss erwähnt werden, daß die Verantwortung für all das von denjenigen getragen werden muss, die kapitalistische Marktreformen durchführten und dies auch weiter machen. Das sind rechte Parteien. Das sind liberale Politiker. Sie sind heute an der Macht. Es gibt keinen Unterschied zwischen ihnen. Es sind alles Kapitalisten sind alle gleich, unabhängig von der Schattierung.
Unter Berücksichtigung des oben dargestellten, sollte jeder Bürger sich heute direkte Fragen stellen und – was sehr wichtig ist – sich bemühen, logische Antworten darauf zu geben, und zwar: Wozu er seinerzeit seine Stimme für Millionäre abgegeben hat, und ob er auch künftig für sie abstimmen möchte?

Quelle: Газета коммунист 20 ЛЕТ ОНИ ИМЕЮТ (6.11.2009) Übersetzung: V. Maznyak, www.kommunisten.ch

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